Zeit im Universum messen

Zeit im Universum messen

Physik-News vom 07.02.2015
 

Bedeutende astrophysikalische Ereignisse in unserer Milchstraße können mithilfe radioaktiver Isotope zeitlich zugeordnet werden.

Forscherinnen und Forscher der Universität Wien, der Technischen Universität Wien, der Australian National University (ANU) und des Paul-Scherrer-Instituts in der Schweiz ist es gelungen, die Halbwertszeit des radioaktiven Eisen-60-Isotops genau zu bestimmen. Damit legen sie den Grundstein für eine präzise astronomische Uhr zur Erfassung von Zeitabläufen im Universum. Die Arbeit war Teil eines experimentellen Astrophysikprogramms an der Beschleunigeranlage VERA der Universität Wien und wurde zu einem Highlight des renommierten Fachjournals "Physical Review Letters" gewählt.


Eine künstlerische Darstellung der Umgebung um eine Supernova-Explosion, in der auch frisch produziertes Eisen-60 ins interstellare Medium abgegeben wird.

Publikation:


A. Wallner, M. Bichler, K. Buczak, R. Dressler, L.K. Fifield, D. Schumann, J.H. Sterba, S.G. Tims, G. Wallner, and W. Kutschera
Settling the Half-Life of 60Fe: Fundamental for a Versatile Astrophysical Chronometer
Physical Review Letters

DOI: 10.1103/PhysRevLett.114.041101



Das radioaktive Isotop Eisen-60 ist ideal dafür geeignet, als astrophysikalische Uhr Informationen über Supernovae, Elementbildung in Sternen und auch über das frühe Sonnensystem zu liefern. "Eisen-60 erlaubt es uns, die Bildung von chemischen Elementen in massiven Sternen sozusagen 'live' zu verfolgen. Dafür benötigen wir jedoch eine genaue Kenntnis der Halbwertszeit – also der Lebensdauer dieses Isotops", erklärt Anton Wallner, der die aktuelle Studie an der Fakultät für Physik der Universität Wien und später als Gruppenleiter an der australischen Nationaluniversität (ANU) in Canberra geleitet hat.

Rätsel um langjährige Unstimmigkeit gelöst

Bisher gab es zwei stark voneinander abweichende Werte: Eine Messung aus dem Jahr 1984 besagt, dass die Halbwertszeit des Eisen-60-Isotops 1,5 Millionen Jahre beträgt, während eine Messung aus dem Jahr 2009 eine beinahe doppelt so lange Halbwertszeit ergab. Mit ihren jüngsten Experimenten bestätigen die Forscherinnen und Forscher nun die Messungen aus dem Jahr 2009 und lösen somit das Rätsel um eine langjährige Unstimmigkeit auf diesem Gebiet. Die genaue Halbwertszeit des radioaktiven Eisens-60 wurde nun auf 2,6 Millionen Jahre festgesetzt. Anton Wallner führt weiter aus: "Durch diese Erkenntnis lässt sich das Isotop nun als präzise kosmische Uhr, also als natürliches Archiv zur Erfassung von Zeitabläufen im Universum, verwenden".

Fingerzeig kosmischer Großereignisse

Das Eisen-60-Isotop kommt nicht natürlich auf unserer Erde vor. Es wird hauptsächlich in massereichen Sternen gebildet, die am Ende ihres Lebens als Supernovae explodieren und so radioaktive Elemente im Weltraum verteilen. Aufgrund der charakteristischen Strahlung, die die Isotope während ihres radioaktiven Zerfalls aussenden, kann es seit kurzem mit Satelliten direkt in unserer Milchstraße beobachtet werden. Diese Strahlung liefert Hinweise darauf, wie durch jüngste Supernovae neue Elemente entstanden sind. "Findet man natürliche Eisen-60-Atome auf der Erde, so müssen diese aus erdnahen kosmischen Explosionen der letzten paar Millionen Jahre stammen. Derartige Ereignisse könnten Änderungen des Klimas auf der Erde bewirkt haben, erklärt Walter Kutschera vom VERA-Labor der Universität Wien. "Sogar die Geburt des Sonnensystems vor viereinhalb Milliarden Jahren könnte so ausgelöst worden sein, da man die Zerfallsprodukte von Eisen-60 in Meteoriten nachgewiesen hat.“

Präzise Messung an weltweit einzigartigen Beschleunigeranlagen

Da Eisen-60-Isotope langsam zerfallen, ist es eine Herausforderung ihre Halbwertszeit genau zu messen. Die Forschenden aus Österreich, Australien und der Schweiz verwendeten dazu "radioaktiven Abfall" aus einer Beschleunigeranlage des Paul Scherrer Instituts, in der eine ausreichende Menge an künstlich produziertem Eisen-60 enthalten war. Um die geringe Zahl an Atomen in der Probe genau zu bestimmen, nutzten sie eine besonders empfindliche Technik, mit der sich die Atome direkt zählen lassen.

Die Beschleunigeranlagen VERA (Vienna Environmental Research Accelerator) der Universität Wien und das Beschleuniger-Massenspektrometer der Australian National University zählen zu den weltweit sensitivsten Anlagen, um winzigste Spuren von seltenen Elementen nachzuweisen. "Das Besondere an unserer Arbeit ist, dass wir den Gehalt von Eisen-60 relativ zu einem weiteren radioaktiven Eisen-Isotop, nämlich Eisen-55, bestimmen konnten, welches genauer zu messen war“, so Wallner.

Die Ergebnisse der Forscherinnen und Forscher wurden von den Herausgebern des renommierten Fachjournals Physical Review Letters zu einem "Highlight" gewählt und in weiteren Artikeln der American Physical Society und des IOP (Institute of Physics) vorgestellt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material idw erstellt


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