Widerlegt eine Zwerg-Galaxie die MOND-Theorie?

Widerlegt eine Zwerg-Galaxie die MOND-Theorie?

Physik-News vom 14.09.2018
 

Welche Ursachen sorgen dafür, dass die Sterne in den Galaxien sich auf den beobachteten Bahnen bewegen? Braucht es dafür die Dunkle Materie? Oder erfordert es eine Modifzierte Newton’sche Dynamik (MOND), die keinen solchen Sternenkitt benötigt? Ein Team um Pieter van Dokkum berichtet im Fachjournal Nature, dass die Zwerg-Galaxie NGC1052-DF2 ohne Dunkle Materie auskommt und die MOND-Theorie widerlegt. Prof. Dr. Pavel Kroupa von der Universität Bonn und der Karls-Universität Prag widerspricht nun mit einem internationalen Wissenschaftlerteam dieser Publikation. Nature hat den Kommentar jetzt online veröffentlicht.

„Der Name »Dunkle Materie« rührt daher, dass sie unsichtbar – also dunkel – ist“, sagt Dr. Indranil Banik, der in Kürze von der University of St Andrews (Schottland) als Humboldt-Stipendiat an die Universität Bonn kommt. Lediglich ihre Wechselwirkungen über die Gravitation sind indirekt zu beobachten. Nur mit Hilfe der Dunklen Materie kann im Standardmodell der Kosmologie die Bewegung der sichtbaren Materie erklärt werden, zum Beispiel wie schnell die Sterne in einer Galaxie um das Zentrum kreisen.


Die Zwerg-Galaxie NGC1052-DF2 - gesehen durch das Hubble Weltraumteleskop.

Publikation:


van Dokkum, Pieter; Danieli, Shany; Cohen, Yotam; Merritt, Allison; Romanowsky, Aaron J.; Abraham, Roberto; Brodie, Jean; Conroy, Charlie; Lokhorst, Deborah; Mowla, Lamiya; O'Sullivan, Ewan; Zhang, Jielai
A galaxy lacking dark matter
Nature

DOI: 10.1038/nature25767



„Allerdings basiert die Newton’sche und Einstein‘sche Gravitationstheorie auf empirischen Daten, die ursprünglich nur für unser Sonnensystem erhoben wurden“, sagt Prof. Dr. Pavel Kroupa vom Helmholtz-Institut für Strahlen- und Kernphysik der Universität Bonn. Die MOND-Hypothese (Modifzierte Newton’sche Dynamik) geht dagegen davon aus, dass sich die Gravitationskräfte in den Galaxien anders verhalten als wir es von unserem Sonnensystem her kennen. Insbesondere bei sehr kleinen Beschleunigungen wird die Gravitation möglicherweise durch zusätzliche Effekte stärker, als es die Newton’schen Gesetze vorhersagen. Die MOND-Theorie braucht also keine Dunkle Materie.

Pieter van Dokkum und Kollegen berichteten im März 2018 im Fachjournal Nature über die Zwerg-Galaxie NGC1052-DF2, die ohne Dunkle Materie auskommt. „Paradoxerweise wird in dieser Publikation auch geschlussfolgert, dass die MOND-Theorie widerlegt wird“, sagt Kroupa. Die Nature-Studie argumentiert, dass laut der MOND-Theorie die Gravitation in allen Galaxien erhöht sein müsste. Da dies bei der Zwerg-Galaxie NGC1052-DF2 nicht der Fall ist, sei die MOND-Gravitationstheorie damit widerlegt.

In einem ergänzenden Kommentar, der von Kroupa und weiteren Kollegen aus dem Iran, Großbritannien, China, den Niederlanden und der Schweiz verfasst wurde, stellen die Wissenschaftler dar, dass die Zwerg-Galaxie ohne Dunkle Materie sogar eine wichtige Vorhersage von MOND bestätigt. „NGC1052-DF2 ist nicht isoliert wie eine Insel im Ozean“, sagt Kroupa. Von Nachbargalaxien wirken Gravitationsfelder auf diese Zwerggalaxie ein. „Ohne diese externen Effekte ist eine gültige Vorhersage der internen Dynamik dieser Zwerg-Galaxie in der MOND-Theorie nicht möglich“, sagt Prof. Dr. Hosein Haghi vom Institute for Advanced Studies in Basic Sciences in Zanjan (Iran), der als DAAD-Fellow in Bonn für einige Monate geforscht hat. Werden dagegen diese externen Feldeffekte berücksichtigt, stimme NGC1052-DF2 mit der MOND-Theorie überein.

Brief communications arising

Kommentare in Nature (Brief communications arising/BCA) dienen der zeitnahen Diskussion und Klärung von Ergebnissen, die zuvor in dem Fachjournal veröffentlicht wurden. BCA werden den Autoren der vorangegangenen Originalveröffentlichung zugeschickt und diese um Stellungnahme gebeten. Die Kommentare durchlaufen vor der Online-Veröffentlichung ein Peer-Review-Verfahren durch unabhängige Gutachter aus dem gleichen Fachgebiet.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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