Die Geburtsstätten der Sterne in unserer Milchstraße

Die Geburtsstätten der Sterne in unserer Milchstraße

Physik-News vom 13.09.2018
 

Ein Team internationaler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung von Ivan Minchev am Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) hat einen Weg gefunden, die Geburtsorte von Sternen in unserer Galaxie zu ermitteln. Damit kann eine der Hauptfragen in der Galaktischen Archäologie beantwortet werden, die sich der Entstehungsgeschichte der Milchstraße widmet.

Es ist seit langem bekannt, dass sich Sterne in Galaxienscheiben aufgrund eines Phänomens, das als "radiale Wanderung" bekannt ist, von ihren Geburtsorten entfernen. Die Bewegung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst; zum Beispiel die Größe und Geschwindigkeit des galaktischen Balkens, die Anzahl und Form der Spiralarme in der Galaxie und die Häufigkeit mit der kleinere Galaxien während der letzten 10 Milliarden Jahre mit der Milchstraße kollidiert sind.


Geburtsorte 600 sonnennaher Sterne.

Publikation:


I Minchev, F Anders, A Recio-Blanco, C Chiappini, P de Laverny, A Queiroz, M Steinmetz, V Adibekyan, I Carrillo, G Cescutti
Estimating stellar birth radii and the time evolution of Milky Way’s ISM metallicity gradient
Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Volume 481, Issue 2, 1 December 2018, Pages 1645–1657

DOI: https://doi.org/10.1093/mnras/sty2033



Die Astrophysikerinnen und Astrophysiker um Minchev haben nun einen Weg entwickelt, die Herkunft der Sterne in der Milchstraße unter Nutzung ihres Alters und der chemischen Zusammensetzung als "archäologische Artefakte" zu rekonstruieren. Dabei berücksichtigten sie, dass die Entstehung von Sternen in der Scheibengalaxie allmählich nach außen fortschreitet. Sterne, die an einer bestimmten Position zu einer bestimmten Zeit geboren wurden, weisen eine ausgeprägte chemische Zusammensetzung auf. Wenn also das Alter und die chemische Zusammensetzung (z. B. der Eisengehalt) eines Sterns sehr genau gemessen werden kann, ist es möglich, direkt auf seinen Geburtsort in der Galaxie zu schließen.

Das Team verwendete eine Stichprobe von etwa 600 sonnennahen Sternen, die mit dem hochauflösenden Spektrographen HARPS am 3,6-m-Teleskop des ESO-La-Silla-Observatoriums in Chile beobachtet wurden. Dank den sehr genauen Messungen ihres Alters und Eisengehalts stellten sie Wissenschaftler fest, dass diese Sterne verteilt über die gesamte galaktische Scheibe geboren wurden, wobei die älteren mehr aus den zentralen Teilen stammen.

Die Methode lässt sich nun auf andere Sterne übertragen – beispielsweise unsere Sonne. Angesichts ihres Alters von 4,6 Milliarden Jahren und ihres Eisengehalts, geht Minchev davon aus, dass die Sonne bei ihrer Entstehung etwa 2.000 Lichtjahre näher am galaktischen Zentrum geboren wurde.

Minchev kommentiert: "Bereits die Kenntnis der Herkunftsorte dieser relativ kleinen Anzahl von Sternen mit genauen Messungen enthüllt unschätzbare Informationen über die Vergangenheit unserer Milchstraße.“ Co-Autor Friedrich Anders ergänzt: "In naher Zukunft wird die Anwendung dieser Methode auf die extrem hochwertigen Daten der Gaia-Mission und bodengestützte spektroskopische Untersuchungen wesentlich genauere Messungen der Migrationshistorie und damit der Geschichte der Milchstraße ermöglichen."

Das Leibniz-Institut für Astrophysik Potsdam (AIP) widmet sich astrophysikalischen Fragen, die von der Untersuchung unserer Sonne bis zur Entwicklung des Kosmos reichen. Forschungsschwerpunkte sind dabei kosmische Magnetfelder und extragalaktische Astrophysik sowie die Entwicklung von Forschungstechnologien in den Bereichen Spektroskopie, robotische Teleskope und E-Science. Seinen Forschungsauftrag führt das AIP im Rahmen zahlreicher nationaler, europäischer und internationaler Kooperationen aus. Das Institut ist Nachfolger der 1700 gegründeten Sternwarte'>Berliner Sternwarte und des 1874 gegründeten Astrophysikalischen Observatoriums Potsdam, das sich als erstes Institut weltweit ausdrücklich der Astrophysik widmete. Seit 1992 ist das AIP Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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