Klassisches Doppelspalt-Experiment in neuem Licht

Klassisches Doppelspalt-Experiment in neuem Licht

Physik-News vom 21.01.2019
 

Internationale Forschergruppe entwickelt neue Röntgenspektroskopie-Methode basierend auf dem klassischen Doppelspalt-Experiment, um neue Erkenntnisse über die physikalischen Eigenschaften von Festkörpern zu gewinnen.

Einem internationalen Forscherteam unter Führung von Physikern des Sonderforschungsbereichs 1238 der Universität zu Köln ist es gelungen, eine neue Variante des grundlegenden Doppelspalt-Experiments mittels resonanter inelastischer Röntgenstreuung am Europäischen Synchrotron ESRF in Grenoble zu realisieren, um auf diese Weise die elektronische Struktur von Festkörpern genauer bestimmen zu können. Die Ergebnisse wurden nun unter dem Titel „Resonant inelastic x-ray incarnation of Young’s double-slit experiment“ in der Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.


Beim klassischen Doppelspaltexperiment lässt man Wellen, zum Beispiel kohärente Lichtwellen, durch eine Blende mit zwei schmalen, parallelen Spalten treten. Auf einem Beobachtungsschirm in einer Distanz zur Blende, die sehr viel größer ist als der Abstand a der beiden Spalte, zeigt sich ein Interferenzmuster.

Publikation:


A. Revelli, M. Moretti Sala, G. Monaco, P. Becker, L. Bohatý, M. Hermanns et al.
Resonant inelastic x-ray incarnation of Young’s double-slit experiment
Science Advances 18 Jan 2019: Vol. 5, no. 1, eaav4020

DOI: 10.1126/sciadv.aav4020



Das Doppelspalt-Experiment spielt in der Physik eine herausragende Rolle. Vor mehr als 200 Jahren hat Thomas Young Licht an zwei nebeneinanderliegenden Spaltöffnungen gebeugt und so hinter diesem Doppelspalt Interferenzmuster, also Überlagerungsbilder, erzeugt. Damit konnte er die Welleneigenschaften des Lichts nachweisen. Im 20. Jahrhundert wurde gezeigt, dass Elektronen oder Moleküle bei Streuung am Doppelspalt das gleiche Interferenzmuster zeigen, was der klassischen Erwartung vom Teilchenverhalten widerspricht aber im quantenmechanischen Welle-Teilchen-Dualismus erklärt werden kann.

Demgegenüber hat die Forschergruppe einen Iridiumoxid-Kristall (Ba3CeIr2O9) mittels der sogenannten resonanten inelastischen Röntgenstreuung (RIXS) untersucht. Dabei wird der Kristall mit stark gebündelten, sehr energiereichen Röntgenphotonen bestrahlt. Die Beugung der Röntgenstrahlung findet hier nicht an Spaltöffnungen, sondern an Iridium-Atomen im Kristall statt. Aufgrund der rasanten technischen Entwicklung von RIXS und einer geschickten Wahl der Kristallstruktur ist es den Physikern nun gelungen, gezielt die Streuung an zwei benachbarten Iridium-Atomen, einem sogenannten Dimer, zu beobachten. „Das Interferenzmuster verrät uns sehr viel über das streuende Objekt, den Dimer-Doppelspalt.

Im Gegensatz zum klassischen Doppelspalt-Experiment geben die inelastisch gestreuten Röntgen-Photonen Auskunft über die angeregten Zustände des Dimers, insbesondere deren Symmetrie, und somit über die dynamischen physikalischen Eigenschaften des Festkörpers“, erläutert der Leiter der Forschergruppe Professor Markus Grüninger von der Universität zu Köln.

„Diese RIXS-Experimente erfordern ein modernes Synchrotron als äußerst brillante Röntgenlichtquelle und einen ausgefeilten experimentellen Aufbau. Um gezielt nur die Iridium-Atome anzuregen, müssen wir aus dem breiten Spektrum des Synchrotrons den sehr geringen Anteil der Photonen mit der richtigen Energie auswählen, und bei den gestreuten Photonen wird noch strenger nach Energie und Streurichtung selektiert. Da bleiben nur noch wenige Photonen übrig“, so Grüninger. Mit der erforderlichen Genauigkeit sind diese RIXS-Experimente derzeit nur an zwei Synchrotronen weltweit möglich. Die Physiker haben ihr RIXS-Experiment am ESRF, der European Synchrotron Radiation Facility in Grenoble durchgeführt.

„Mit unserem RIXS-Experiment konnten wir eine grundlegende theoretische Vorhersage aus dem Jahre 1994 realisieren. Damit öffnet sich uns eine neue Tür für eine ganze Reihe weiterer Experimente, die uns ein tieferes Verständnis der Eigenschaften und Funktionalitäten von Festkörpern erlauben werden“, sagt Grüninger.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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