Konstanz von Naturkonstanten in Raum und Zeit untermauert

Konstanz von Naturkonstanten in Raum und Zeit untermauert

Physik-News vom 07.01.2021
 

Moderne Stringtheorien stellen die Konstanz von Naturkonstanten infrage. Vergleiche von hochgenauen Atomuhren bestätigen das jedoch nicht, obwohl die Ergebnisse früherer Experimente bis zu 20-fach verbessert werden konnten.

Es klingt trivial: Eine Naturkonstante sollte immer den gleichen Wert besitzen, unabhängig davon, zu welcher Zeit oder an welchem Ort sie bestimmt wird. Auch Einsteins berühmte allgemeine Relativitätstheorie nutzt diese grundlegende Annahme, die als lokale Positionsinvarianz (LPI) bekannt ist. In der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Physical Review Letters untermauern Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) die Gültigkeit der LPI mit einem deutlich verbesserten experimentellen Test. Motiviert sind ihre Untersuchungen durch moderne Stringtheorien, die LPI-Verletzungen, zum Beispiel zeitlichen Variationen von Naturkonstanten, vorhersagen. Auf der Suche nach einer experimentellen Bestätigung solcher "neuen Physik" nutzten die Forscher der PTB den Vergleich ihrer hochgenauen Atomuhren und konnten Ergebnisse früherer Experimente bis zu 20-fach verbessern.


Vergleiche zwischen Ytterbium- und Cäsium-Atomuhren an verschiedenen Orten (x) und zu verschiedenen Zeiten (t) untermauern die Konstanz von Naturkonstanten.

Publikation:


R. Lange, N. Huntemann, J. M. Rahm, C. Sanner, H. Shao, B. Lipphardt, Chr. Tamm, S. Weyers, E. Peik
Improved Limits for Violations of Local Position Invariance from Atomic Clock Comparisons
Phys. Rev. Lett. 126, 011102 (2021)

DOI: 10.1103/PhysRevLett.126.011102



Der Ausgang eines Experiments, das nicht von der Gravitation abhängt, sollte unabhängig davon sein, zu welcher Zeit und an welchem Ort es ausgeführt wird. Diese Annahme ist als lokale Positionsinvarianz (LPI) bekannt und ein zentraler Bestandteil von Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie. LPI impliziert auch, dass Naturkonstanten sich zeitlich und räumlich nicht ändern. Allerdings stößt das bisherige Verständnis der Physik an seine Grenzen, zum Beispiel bei der Beschreibung von Dunkler Materie oder dem Ungleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie. Moderne Theorien, die sich um eine Beschreibung dieser Phänomene bemühen, sagen Verletzungen der LPI voraus, welche sich beispielsweise in Veränderungen von Naturkonstanten manifestieren könnten.

Bekannte Naturkonstanten sind die Feinstrukturkonstante α, die die Stärke der elektromagnetischen Wechselwirkung beschreibt, und das Massenverhältnis von Proton und Elektron µ. Diese Größen gehen in den Aufbau aller Atome und Moleküle ein. Sie beeinflussen die atomaren Energieskalen und damit auch Energieunterschiede zwischen atomaren Zuständen, die in Atomuhren als Referenzfrequenz genutzt werden. Die Empfindlichkeit der Energieunterschiede gegenüber den Naturkonstanten hängt stark vom jeweiligen atomaren System ab. So verändert sich die Frequenz der Cäsium-Uhr, mit der die Basiseinheit der Zeit Sekunde realisiert wird, bei einer Variation von µ und von α. Frequenzen optischer Atomuhren zeigen keine Abhängigkeit von µ, können aber zur Detektion von α-Variationen genutzt werden.

Besonders geeignet hierfür erscheint das Ytterbium-Ion, das zwei optische Referenzübergänge mit stark unterschiedlicher Abhängigkeit von α besitzt. Ein kombinierter Vergleich von Ytterbium- und Cäsium-Uhren erlaubt somit eine Suche nach Veränderungen sowohl von α als auch von µ. Diesem Ansatz folgend verglichen Forscher der PTB ihre hochgenauen Atomuhren über einen Zeitraum von mehreren Jahren und stellten fest, dass Änderungen im Wert von α (α=0,007297...) pro Jahr höchstens ab der 21. Nachkommastelle auftreten können. Dies ist die erste signifikante Verbesserung der Grenze einer möglichen zeitlichen Variation von α seit über 12 Jahren, mit einer um den Faktor 20 höheren Genauigkeit. Für Änderungen von µ wurde das bisherige Limit um den Faktor 2 verbessert. Neben der Einschränkung einer potenziellen zeitlichen Veränderung begrenzen die Daten ebenfalls eine mögliche räumliche Abhängigkeit der Naturkonstanten vom Gravitationspotential der Sonne auf der Erdumlaufbahn.

Im Rahmen der Messungen wurde außerdem die Frequenz einer der beiden Ytterbium-Uhren mit höchster Präzision bestimmt: Die bei 642×10¹² Hz liegende Frequenz wurde mit einer Genauigkeit von 0,08 Hz ermittelt und stellt die bisher genaueste Messung einer optischen Frequenz mit Cäsium-Uhren dar.


Diese Newsmeldung wurde mit Material Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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