Kollidierende Sterne offenbaren grundlegende Eigenschaften von Materie und Raumzeit

Kollidierende Sterne offenbaren grundlegende Eigenschaften von Materie und Raumzeit

Physik-News vom 18.12.2020
 

Ein internationales Wissenschaftsteam um den Astrophysikprofessor Tim Dietrich von der Universität Potsdam schaffte den Durchbruch bei der Größenbestimmung eines typischen Neutronensterns und der Messung der Ausdehnung des Universums. Dazu kombinierten sie Beobachtungsdaten von Neutronenstern-Kollisionen mit kernphysikalischen Berechnungen. Ihre wegweisenden Ergebnisse wurden jetzt im hochrangigen Wissenschaftsmagazin „Science“ veröffentlicht.

In der modernen Astrophysik nutzen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Arten von Botensignalen aus dem Weltraum, insbesondere Licht, kosmische Teilchen und Gravitationswellen, um grundlegende Fragen zur Geschichte des Kosmos zu beantworten. Diese „Multi-Messenger-Astronomie“ ist ein schnell wachsendes Forschungsgebiet, wobei die kosmischen Boten im elektromagnetischen Lichtspektrum z.B. Gammastrahlen, ultraviolettes, sichtbares und infrarotes Licht, oder Radiowellen umfassen. Botenteilchen können z.B. Elektronen, Protonen, Neutrinos oder komplexe Atomkerne sein.


Künstlerische Darstellung zweier sich umkreisender Neutronensterne kurz vor der Kollision.

Publikation:


Tim Dietrich, Michael W. Coughlin, Peter T. H. Pang, Mattia Bulla, Jack Heinzel, Lina Issa, Ingo Tews, and Sarah Antier
Multi-messenger constraints on the neutron-star equation of state and the Hubble constant
Science 370, 1450 (2020)

DOI: 10.1126/science.abb4317



Gravitationswellen sind schließlich winzige Wellen innerhalb der vierdimensionalen Raumzeit, erzeugt von beschleunigten Massen wie Neutronensternen oder Schwarzen Löchern, die sich aus sterbenden Sternen bilden. Von kollidierenden Neutronensternen können Astronomen die Eigenschaften von Materie bei sehr hohen Dichten ableiten, von denen ein einziger Teelöffel voll unvorstellbare Millionen von Tonnen wiegen würde. Beim Zusammenstoß von Neutronensternen werden die meisten schweren Elemente des Periodensystems gebildet, außerdem lässt sich aus den dabei abgegebenen Signalen die Expansionsrate des Universums messen.

Um den physikalischen Prozessen bei Zusammenstößen von Neutronensternen auf die Spur zu kommen, haben Wissenschaftler aus Deutschland, den Niederlanden, Schweden, Frankreich und den USA Beobachtungen dieser Kollisionen mit elektromagnetischen und Gravitationswellensignalen kombiniert. „Um astrophysikalische Informationen zum Zustand der Materie unter diesen extremen Bedingungen zu gewinnen, führen wir unsere Beobachtungen mit theoretischen kernphysikalischen Berechnungen zusammen. Mit unserer Methode konnten wir den Durchmesser eines typischen Neutronensterns auf ~12 Kilometer bestimmen. Das entspricht der Größe einer Stadt, aber mit einer Masse von einer halben Million Erdmassen“, sagt Tim Dietrich, Professor für theoretische Astrophysik am Institut für Physik und Astronomie. Außerdem nutzte das Forschungsteam die astrophysikalischen Informationen, um die Hubble-Konstante zu bestimmen.


Ausstoß von elektromagnetischen und Gravitationswellenemissionen während der Kollision zweier Neutronensterne.

„In den letzten Jahren hat die Wissenschaftsgemeinschaft versucht, verschiedene Messungen dieser fundamentalen Konstante, welche die Ausdehnung des Universums beschreibt, zu vereinheitlichen. Mit unserem Ansatz konnten wir die Hubble-Konstante neu messen, und die Ergebnisse bestätigen die vorhergehende Messung anhand des kosmischen Mikrowellenhintergrunds“, fügt Ingo Tews hinzu, Wissenschaftler am Los Alamos National Laboratory und Koautor der Studie.

Ausgehend von theoretischen Überlegungen zur Kernmaterie in Neutronensternen analysierten die Forschenden astronomische Daten in einem mehrstufigen Prozess. „Wir berücksichtigten Massebestimmungen von Neutronensternen aus Radiobeobachtungen, Messungen eines schnell rotierenden Neutronensterns, sowie Beobachtungen von elektromagnetischen und Gravitationswellensignalen von kollidierenden Neutronensternen“, erklärt Tim Dietrich die Methoden. „Für letztere haben wir das gesamte Frequenzspektrum von Radiowellen bis zu Gammastrahlen untersucht.“ Der entwickelte Ablauf sei allgemeingültig und könne leicht erweitert werden, um in den nächsten Jahren eine wachsende Anzahl von Signalen zu berücksichtigen, fasst er zusammen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Potsdam via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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