Auf dem Weg zum kleinstmöglichen Laser

Auf dem Weg zum kleinstmöglichen Laser

Physik-News vom 06.05.2021
 

Bei extrem niedrigen Temperaturen verhält sich Materie oft anders als gewohnt. So können physikalische Teilchen wenige Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt ihre Eigenständigkeit aufgeben und für kurze Zeit zu einem einzigen Objekt mit identischen Eigenschaften verschmelzen. Solche Gebilde werden Bose-Einstein-Kondensate genannt und stellen einen besonderen Aggregatszustand der Materie dar.

Einem internationalen Team um die Oldenburger Physiker Dr. Carlos Anton-Solanas und Prof. Dr. Christian Schneider ist es nun erstmals gelungen, diesen ungewöhnlichen Quantenzustand in Ladungsträgerkomplexen zu erzeugen, die eng mit Lichtteilchen verbunden sind und sich in extrem dünnen Halbleiterschichten aus einer einzigen Atomlage befinden. Wie das Team in der Zeitschrift Nature Materials berichtet, entsteht dabei Licht, das dem eines Lasers gleicht. Das Phänomen könnte sich daher nutzen lassen, um die kleinsten denkbaren Festkörperlaser zu erzeugen.

Im Mittelpunkt der Studie stehen physikalische Objekte, die gleichzeitig aus Materie und Licht bestehen – sogenannte Exziton-Polaritonen. Dabei handelt es sich um eine Kopplung aus angeregten Elektronen in Festkörpern und Lichtteilchen. Sie entstehen, wenn Elektronen durch Laserlicht in einen Zustand höherer Energie versetzt werden. Nach Bruchteilen einer Sekunde geben die Elektronen die Lichtteilchen wieder ab. Wenn diese zwischen zwei Spiegeln gefangen werden, können sie wiederum neue Elektronen anregen – ein Zyklus, der sich fortsetzt, bis das Lichtteilchen aus der Falle entkommt.


Kristalle, die aus einer einzigen Schicht von Atomen bestehen (Bildmitte) und zwischen "Spiegeln" platziert sind, lassen sich durch Laserlicht in einen exotischen Quantenzustand versetzen, erkennbar durch kohärente Licht-Emissionen (oben, rot)

Publikation:


Carlos Anton-Solanas et al.
Bosonic condensation of exciton–polaritons in an atomically thin crystal
Nature Materials

DOI: 10.1038/s41563-021-01000-8

Weitere Informationen

Die zwischenzeitlich entstandenen Gebilde aus Licht und Materie werden als Exziton-Polaritonen bezeichnet. Sie kombinieren interessante Eigenschaften von Elektronen und Lichtteilchen (Photonen) und verhalten sich ähnlich wie bestimmte physikalische Teilchen. „Bauteile, die diese neuartigen Licht-Materie-Zustände kontrollieren können, versprechen einen Technologiesprung gegenüber heutigen Elektronik-Schaltkreisen”, sagt Hauptautor Anton-Solanas, Postdoktorand in der Arbeitsgruppe Quantenmaterialien am Institut für Physik der Universität Oldenburg. Solche optoelektronischen Schaltkreise, die mit Licht statt mit elektrischem Strom betrieben werden, könnten Informationen in Zukunft besser und schneller verarbeiten als derzeitige Prozessoren.

Das Team um Anton-Solanas und Schneider befasste sich in der neuen Studie mit Exziton-Polaritonen in extrem dünnen Kristallen aus einer einzigen Lage von Atomen. Diese sogenannten zweidimensionalen Kristalle haben oft ungewöhnliche physikalische Eigenschaften. Das verwendete Halbleitermaterial Molybdän-Diselenid reagiert beispielsweise sehr empfindlich auf Licht. Die Forschenden stellten weniger als einen Nanometer (Milliardstel Meter) dicke Lagen aus Molybdän-Diselenid her und platzierten diesen zweidimensionalen Kristall zwischen zwei eng beieinanderliegenden Schichten aus anderen Materialien, die Lichtteilchen wie ein Spiegel reflektieren. „Diese Struktur ist so etwas wie ein Käfig für Licht“, erläutert Anton-Solanas. Fachleute sprechen von einer „Mikrokavität“.

Er und seine Kollegen kühlten ihren Aufbau auf wenige Grad über dem absoluten Temperaturnullpunkt und regten mit Hilfe von kurzen Laserblitzen die Bildung von Exziton-Polaritonen an. Ab einer bestimmten Intensität beobachteten sie, dass die Lichtemissionen ihrer Probe schlagartig anstiegen. Zusammen mit weiteren Indizien erlaubte dies den Schluss, dass es ihnen gelungen war, ein Bose-Einstein-Kondensat aus Exziton-Polaritonen zu erzeugen. „Theoretisch könnte sich dieses Phänomen nutzen lassen, um kohärente Lichtquellen aufzubauen, die nur auf einer einzigen Scheibe von Atomen basieren“, sagt Anton-Solanas. „Auf diese Weise hätte man den kleinstmöglichen Festkörperlaser erzeugt.“ Die Forscher sind zuversichtlich, dass sich der Effekt mit anderen Materialien auch bei Raumtemperatur erzeugen lässt und damit langfristig auch für praktische Anwendungen verwendbar wäre. Erste Experimente des Teams in dieser Richtung waren bereits erfolgreich.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt







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