Wärmestrahlung bei kleinsten Teilchen

Wärmestrahlung bei kleinsten Teilchen

Physik-News vom 21.06.2018
 

Wissenschaftlern aus Greifswald und Heidelberg ist es gelungen, zeitaufgelöste Messungen der inneren Energieverteilung gespeicherter Clusteranionen durchzuführen. Die dazu verwendeten Clusteranionen bestehen aus vier neutralen Kobaltatomen und einem Elektron. Der Physiker Christian Breitenfeldt von der Universität Greifswald stellt zusammen mit seinen Kollegen vom Max-Planck-Institut für Kernphysik in Heidelberg diese direkte Beobachtung des Wärmestrahlungsaustauschs der kleinen Teilchen mit ihrer Umgebung in der Zeitschrift Physical Review Letters vor.

Man muss eine warme Herdplatte nicht erst anfassen, um die Hitze zu spüren. Bei höheren Temperaturen sieht man sie rot glühen. Auch wenn sie weniger heiß ist, sendet sie Licht aus – dann allerdings nicht im sichtbaren sondern im infraroten Wellenlängenbereich. Das heißt, die elektromagnetischen Wellen sind für uns Menschen nicht sichtbar. Für Gegenstände des täglichen Lebens bis hin zum Sonnenlicht kennt man die Strahlungsgesetze schon seit Max Planck, der für seine Untersuchungen den Nobelpreis für Physik des Jahres 1918 bekam. Einzelne Atome für sich genommen senden Strahlung nach ganz anderen, aber ebenfalls wohlbekannten Gesetzen aus. Dagegen ist der Verlauf der Strahlungskühlung für Cluster – Nanoteilchen aus wenigen Atomen oder Molekülen – noch immer nicht vollständig verstanden.


Schematische Veranschaulichung der verzögerten Abgabe des überzähligen Elektrons nach der Photoanregung eines vieratomigen, negativ geladenen Kobaltclusters

Publikation:


Christian Breitenfeldt, Klaus Blaum, Sebastian George, Jürgen Göck, Gregorio Guzmán-Ramírez, Jonas Karthein, Thomas Kolling, Michael Lange, Sebastian Menk, Christian Meyer, Jennifer Mohrbach, Gereon Niedner-Schatteburg, Dirk Schwalm, Lutz Schweikhard, and Andreas Wolf
Long-Term Monitoring of the Internal Energy Distribution of Isolated Cluster Systems
Phys. Rev. Lett.120, 253001

DOI: 10.1103/PhysRevLett.120.253001



Mit dieser Thematik befasst sich eine Abteilung des Max-Planck-Instituts für Kernphysik in Heidelberg in einer Kollaboration mit der Universität Greifswald. Der Greifswalder Doktorand Christian Breitenfeldt aus der Arbeitsgruppe von Prof. Lutz Schweikhard nutzt für seine Untersuchungen die elektrostatischen Ionenstrahlfalle CTF (Cryogenic Trap for Fast Ion Beams) der Abteilung von Prof. Klaus Blaum unter der Federführung von Prof. Andreas Wolf und Dr. Sebastian George.

Für ihre Untersuchungen wählten sie Nanosysteme aus vier Kobaltatomen. Diese Kobaltcluster wurden mit einem zusätzlichen Elektron als negativ geladene Ionen erzeugt und in der CTF eingefangen. Die Falle besteht im Wesentlichen aus zwei ionenoptischen Spiegeln, zwischen denen die gespeicherten Ionen in ultrahohem Vakuum hin und her pendeln – ganz ähnlich wie in einem von der Greifswalder Gruppe entwickelten Gerät, das am CERN zur Präzisionsmassenmessung exotischer Atomkerne eingesetzt wird.

Falls die Nanoteilchen eine gewisse Wärmeenergie besitzen, d.h. eine „innere Energie“ in Form von Schwingungen der Atome, kann sich diese auch auf das Elektron übertragen. Dies führt dazu, dass sich das Elektron vom Cluster löst – je nach Energiemenge früher oder später. Damit ist der Cluster nicht mehr geladen, wird nicht länger gespeichert und wird nach dem Verlassen der Ionenfalle mit einem Detektor nachgewiesen. Ziel der Experimente war es, die Ablösung des überzähligen Elektrons der negativen Cluster zeitaufgelöst zu beobachten und somit auf die dafür nötige innere Energie des Clusters zurückzuschließen. Dazu wurden die Cluster mit Laserlicht bei verschiedenen Wellenlängen bestrahlt, d.h. mit unterschiedlich energetischen Photonen. Die Elektronenabgabe als Funktion der Laserwellenlänge diente als Sonde für die innere Energieverteilung der gespeicherten Kobaltcluster.

Der Aufbau erlaubte die Ionenuntersuchung mit jeweils 120 Messungen über eine Zeitspanne von sechs Sekunden. Es wurde also 20 Mal pro Sekunde die Verteilung der inneren Energie der Cluster bestimmt. Damit konnte der zeitliche Verlauf der Wärmeenergie verfolgt werden. Dieser wiederum ermöglichte Rückschlüsse auf den Energieaustausch durch Wärmestrahlung mit der Umgebung, hier der Vakuumapparatur, die sich bei den Untersuchungen auf Zimmertemperatur befand. Hatten die Cluster schon bei Speicherbeginn eine hohe innere Energie, so konnten die Wissenschaftler im Laufe der Zeit eine Abkühlung beobachten. Wurden die Cluster dagegen aus einer besonders kalten Quelle geliefert, die eine Gruppe der Universität Kaiserlautern zu den Experimenten beisteuerte, so wärmten sich Cluster auf. In beiden Fällen strebten sie zu einem Gleichgewicht des Wärmeflusses, d.h. zur Umgebungstemperatur des experimentellen Aufbaus.

Kühlung und Heizung durch Wärmestrahlung sind wichtig für die Stabilität von Nanoteilchen im freien Raum. Unter Weltraumbedingungen – im „interstellaren“ Raum zwischen den Sternen – können die Umgebungstemperaturen sehr kleine Werte erreichen. Nach den nun vorliegenden ersten Resultaten wird daher die Untersuchung dieses Prozesses auch auf viel kleinere Temperaturen von nur wenigen Grad über dem absoluten Nullpunkt ausgedehnt. Dabei kommt der kryogenen Speicherring CSR zum Einsatz, der vor kurzem am Kernphysik'>Max-Planck-Institut für Kernphysik in Betrieb gegangen ist. Bereits bei den derzeit durchgeführten Experimenten – wiederum an den negativen vieratomigen Kobaltclustern – ist zu beobachten, dass sich bei den geringen Temperaturen der Energieaustausch durch Wärmestrahlung verlangsamt. Die langen Speicherzeiten für Ionenstrahlen im CSR (bis in den Bereich von einer Stunde) erweisen sich daher als besonderer Vorteil für die Untersuchung von Molekülen und Clustern unter interstellaren Bedingungen.


Diese Newsmeldung wurde mit Material idw erstellt







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