Winzige Laser, die wie einer zusammenwirken

Winzige Laser, die wie einer zusammenwirken

Physik-News vom 24.09.2021
 

Israelische und deutsche Forscherinnen und Forscher des Exzellenzclusters ct.qmat die weltweit erste Methode entwickelt, um ein Netzwerk oberflächenemittierender Laser dazu zu bringen, wie ein einziger Laser zu agieren - als hocheffektives Lasernetzwerk in Sandkorngröße. Die Forschungsergebnisse wurden heute in der renommierten Fachzeitschrift Science online veröffentlicht.

Mobiltelefone, Autosensoren und die Datenübertragung in Glasfasernetzen – Mikrolaser, sogenannte Vertical-Cavity Surface-Emitting Laser (VCSEL), sind in unserer Alltagstechnologie bereits fest verankert. Obwohl sie weit verbreitet sind, haben VCSEL-Bauelemente typischerweise eine winzige Größe von nur wenigen Mikrometern. Das setzt der Ausgangsleistung, die sie erzeugen können, enge Grenzen. Seit Jahren versuchen Wissenschaftler vergeblich, die Leistung solcher Geräte zu erhöhen, indem sie viele winzige VCSEL kombinieren – mit dem Ziel, wie ein einziger kohärenter Laser zu agieren. Der aktuelle Durchbruch beruht auf einem anderen Konzept: Es wird eine einzigartige geometrische Anordnung von Lasern auf einem Chip verwendet – eine photonische topologische Isolatorplattform.


Illustration eines topologischen Lasers, bestehend aus 30 gekoppelten oberflächenemittierenden Lasern. Alle Mikrolaser entlang einer topologischen Grenzfläche (blau) verhalten sich wie ein Laser und strahlen gemeinsam kohärentes Laserlicht aus (rot).

Publikation:


Alex Dikopoltsev, Tristan H. Harder, Eran Lustig, Oleg A. Egorov, Johannes Beierlein, Adriana Wolf, Yaakov Lumer, Monika Emmerling, Christian Schneider, Sven Höfling, Mordechai Segev, Sebastian Klembt
Topological insulator vertical-cavity laser array
Science 373, 1514–1517 (2021)

DOI: 10.1126/science.abj2232



Von topologischen Isolatoren zu topologischen Lasern

Topologische Isolatoren sind revolutionäre Quantenmaterialien, die in ihrem Inneren isolierend sind, aber auf ihrer Oberfläche Elektrizität leiten – ohne Verluste. Vor einigen Jahren hat die Gruppe vom Technionunter der Leitung von Prof. Mordechai Segev diese innovativen Ideen in die Photonik eingeführt. In der Folge konnten die Forscherinnen und Forscher den ersten photonischen topologischen Isolator demonstrieren, bei dem nicht Strom sondern Licht um den Rand einer zweidimensionalen Anordnung von Wellenleitern wandert – ganz ohne durch Defekte oder Unordnung beeinträchtigt zu werden.

Damit wurde ein neues Forschungsgebiet eröffnet, das heute als "Topologische Photonik" bekannt ist und an dem derzeit hunderte Arbeitsgruppen weltweit forschen. Im Jahr 2018 fand dieselbe israelische Gruppe auch einen Weg, die Eigenschaften photonischer topologischer Isolatoren so zu arrangieren, dass sich viele Mikroringlaser zusammenschließen und wie ein einziger Laser arbeiten. Aber auch bei diesem System gab es ein Problem: Das Licht zirkulierte in dem photonischen Chip und war auf dieselbe Ebene beschränkt, die für die Extraktion des Lichts nach außen verwendet wurde. Das bedeutete, dass das gesamte System wiederum durch den sogenannten Ausgangskoppler in seiner Leistung begrenzt war, so als hätte man nur eine einzige Steckdose für ein ganzes Kraftwerk. Der aktuelle Durchbruch beruht auf einem anderen Schema: Die Laser sind gezwungen, innerhalb des planaren Chips aneinander zu koppeln - das Licht wird also von jedem winzigen Laser durch die Oberfläche des Chips ausgestrahlt und kann leicht gesammelt werden.

Der lange Weg zu neuen topologischen Lasern

"Es ist faszinierend zu sehen, wie sich die Wissenschaft weiterentwickelt", sagt Prof. Segev vom Technion. "Wir sind von grundlegenden physikalischen Konzepten zu grundlegenden Veränderungen gekommen und jetzt bei einer echten Technologie angelangt, die von Unternehmen verfolgt wird. Als wir 2015 begannen, an topologischen Lasern zu arbeiten, hat niemand geglaubt, dass das möglich ist. Die damals bekannten topologischen Konzepte waren auf Systeme beschränkt, die eigentlich keine Verstärkung haben konnten. Verstärkung ist aber etwas, das alle Laser benötigen. Topologische Laser standen also im Widerspruch zu allem, was damals bekannt war. Wir waren wie ein Haufen Verrückter, die nach etwas suchten, das als unmöglich galt. Und jetzt haben wir einen großen Schritt in Richtung einer echten Technologie gemacht, die viele Anwendungen hat".

Das israelische und deutsche Team hat einen Weg gefunden, die Konzepte der topologischen Photonik mit VCSEL-Mikrolasern zu nutzen. Diese Laser strahlen das Licht durch ihre Oberfläche ab, während der topologische Prozess, der für die gegenseitige Kohärenz verantwortlich ist, in der Ebene des Chips stattfindet. Das Endergebnis ist ein leistungsstarker, aber sehr kompakter und effizienter Laser, der in der Anzahl der Laserelemente nicht begrenzt ist und nicht durch Defekte oder Temperaturschwankungen beeinträchtigt wird.

"Das topologische Prinzip dieses Lasers kann grundsätzlich für alle Wellenlängen und damit eine Reihe von Materialien funktionieren", erklärt der deutsche Projektleiter Prof. Sebastian Klembt von der Universität Würzburg, der im Rahmen des Exzellenzclusters ct.qmat – Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien an der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie und topologischer Photonik forscht. "Wie viele Mikrolaser genau angeordnet und verschaltet werden müssen, hängt immer ganz von der möglichen Anwendung ab. Wir können die Größe des Lasernetzwerks im Prinzip sehr weit ausdehnen. Es ist toll zu sehen, dass die Topologie, ursprünglich ein Zweig der Mathematik, sich zu einem revolutionären neuen Werkzeugkasten für die Kontrolle, Steuerung und Verbesserung der Lasereigenschaften entwickelt hat."

Die Forschungsarbeiten haben zum ersten Mal gezeigt, dass es tatsächlich theoretisch und experimentell möglich ist, VCSEL-Laser zu kombinieren, um einen robusteren und hocheffizienten Laser zu erhalten. Damit ebnen die Ergebnisse der Studie den Weg für eine Reihe künftiger Technologien im Bereich medizinischer Geräte, Kommunikation und einer Vielzahl von Anwendungen in der Praxis.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Julius-Maximilians-Universität Würzburg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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