Ultradünne Deckschicht für Elektroden besteht Härtetest

Ultradünne Deckschicht für Elektroden besteht Härtetest

Physik-News vom 08.03.2019
 

Elektronik auf Kunststoffbasis – was klingt wie Zukunftsmusik, kommt durch eine Entdeckung aus Marburg einen großen Schritt voran: Elektrische Eigenschaften von Metallelektroden lassen sich präzise kontrollieren, wenn ihr eine extrem dünne organische Schicht aufliegt, die aus einer einzigen Lage von Molekülen besteht. Das berichtet ein Team aus der Marburger Physik in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins „Advanced Functional Materials“.

„Unsere Ergebnisse sind von großer Bedeutung für das wachsende Feld der organischen Elektronik, weil sie dazu beitragen können, die Effizienz von Bauelementen zu verbessern“, erklärt der Physiker Professor Dr. Gregor Witte von der Philipps-Universität, der die Forschungsarbeiten leitete. Organische Elektronik gilt als Technik der Zukunft: Ihre Bauteile lassen sich preisgünstig produzieren und erlauben neuartige Anwendungen, zum Beispiel Plastik-Verpackungen mit eingebauten Schaltkreisen.


Eine unbedeckte Gold-Elektrode (links) zeigt andere elektronische Eigenschaften, als wenn ihr eine monomolekulare Schicht Phthalocyanin aufliegt (rechts).

Publikation:


Felix Widdascheck, Alrun Aline Hauke & Gregor Witte
A Solvent-Free Solution: Vacuum-Deposited Organic Monolayers Modify Work Functions of Noble Metal Electrodes
Advanced Functional Materials 2019

DOI: 10.102/adfm.201808385



Die Bauelemente der Organischen Elektronik beruhen auf halbleitenden aromatischen Molekülen, die ähnlich zu Biomolekülen und Kunststoffen sind. „Ein zentrales Problem besteht dabei oft in dem elektrischen Kontaktwiderstand, der sich an der Grenzfläche zwischen Metallelektroden und organischem Halbleiter ergibt“, erläutert Witte.

Professor Dr. Gregor Witte (Mitte) sowie Dr. Alrun Aline Hauke und Felix Widdascheck aus seinem Team erforschen die Grundlagen der Organischen Elektronik.

Das Team verwendete eine bestimmte Klasse organischer Moleküle, um sie als extrem dünne Schicht auf einkristalline Gold- und Silber-Elektroden aufzutragen. Damit verfolgte die Forschungsgruppe das Ziel, die elektronischen Eigenschaften an den Grenzflächen der Elektroden gezielt zu verändern, so dass sie zu organischen Halbleitern passen. Als Deckschicht oder „Contact Primer“ wählten Witte und sein Team chemische Verbindungen aus der Gruppe der Phthalocyanine. „Diese kleeblattförmigen Moleküle sind sehr robust und werden bereits vielfältig als Farbstoff in Kunststoffen eingesetzt“, legt Wittes Mitarbeiterin und Koautorin Dr. Alrun Aline Hauke dar.

Die Arbeitsgruppe schaffte es, die Verbindung als Monolage aufzutragen: Das ist eine Schicht, die nur aus einer einzigen Lage geordneter Moleküle besteht – „etwa ein millionstel Mal so dick wie ein menschliches Haar“, wie Hauke sagt.

So dünn das Deckmaterial auch ist – wirkungsvoll ist es allemal, wie das Forschungsteam durch Messungen nachwies: Über die prozentuale Bedeckung der Elektroden durch die Contact Primer lässt sich die Energie-Barriere exakt einstellen, die Elektronen beim Übergang vom Metall in einen organischen Halbleiter überwinden müssen.

„Unterschiedliche Moleküle liefern dabei unterschiedlich starke Änderungen der Barriere“, ergänzt Erstautor Felix Widdascheck, der ebenfalls zu Wittes Arbeitsgruppe gehört.

Aber wie verhält sich die Deckschicht außerhalb der Idealbedingungen im Labor, etwa auf einer polykristallinen Elektrode oder an Luft statt unter Vakuum? „Ein idealisiertes Modellsystem ist unerlässlich für theoretische Modellierungen“, führt Hauke aus. „Doch Elektronik-Bauteile sind nicht ideal, sondern haben polykristalline oder amorphe Metallelektroden und müssen auch im täglichen Leben funktionieren, nicht nur im Vakuum.“

Das Team untersuchte deshalb, ob die beobachteten Änderungen auch auf polykristallinen Elektroden auftreten und einem Kontakt mit Luft standhalten. Lassen sich die Moleküle erneut korrekt anordnen, wenn sie durch Lufteinwirkung durcheinander geraten sind? Ja, das geht, führt Hauke aus: „Wir zeigen, dass die molekulare Ordnung durch Glühen der Probe unter Vakuumbedingungen weitgehend wiederhergestellt werden kann.“ Dieser Befund belege, dass der Ansatz auch in einer echten Fertigungsreihe funktionieren könne.

„Dies ist das erste Mal, dass eine derartige Studie in dieser Detailtiefe durchgeführt wurde“, hebt Seniorautor Witte hervor. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass mithilfe der richtigen Moleküle und bei sorgfältiger Präparation eine genaue Kontrolle der Grenzfläche zwischen Metall und Halbleiter möglich ist.“

Professor Dr. Gregor Witte leitet an der Philipps-Universität Marburg die Arbeitsgruppe Molekulare Festkörperphysik, der unter anderem Hauke und Widdascheck angehören. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft förderte die wissenschaftliche Arbeit an der Veröffentlichung finanziell durch den Sonderforschungsbereich 1083, „Struktur und Dynamik innerer Grenzflächen“.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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