Magnetischer Startpunkt von Jets aus dem zentralen Schwarzen Loch in Perseus A

Magnetischer Startpunkt von Jets aus dem zentralen Schwarzen Loch in Perseus A



Physik-News vom 13.02.2024

Die EHT-Kollaboration unter Beteiligung von Forschenden am MPI für Radioastronomie in Bonn hat kürzlich den Startpunkt eines sich entwickelnden Plasmastrahls oder Jets mit ultrahoher Winkelauflösung aufgelöst. Das international besetzte Team nutzte ein virtuelles Radioteleskop von der Größe der Erde, um magnetische Strukturen im Zentralbereich der Radiogalaxie 3C 84 (Perseus A) zu untersuchen, in dem sich eines der nächstgelegenen aktiven supermassereichen Schwarzen Löcher in unserer kosmischen Nachbarschaft befindet. Die aktuellen Ergebnisse geben neue Einblicke in die Entstehung der Jets und zeigen, dass in diesem kosmischen Tauziehen die Magnetfelder die Schwerkraft besiegen.

Die starke Radioquelle 3C 84 oder Perseus A liegt im Zentrum von NGC 1275, der zentralen Galaxie des Perseus-Galaxienhaufens in einer Entfernung von 230 Millionen Lichtjahren. Sie beherbergt einen relativ nahegelegenen aktiven galaktischen Kern, was eine detaillierte Untersuchung der zentralen Quelle mit hoher Auflösung mit dem Event-Horizon-Teleskop (EHT) ermöglicht.


Radiobilder der Galaxie 3C 84 mit dem Jet des zentralen Schwarzen Lochs in verschiedenen räumlichen Maßstäben (gekennzeichnet durch den horizontalen Balken unter jedem Bild), wobei das EHT-Bild auf der rechten Seite die meisten Details enthält.

Publikation:


G.F. Paraschos et al.
Ordered magnetic fields around the 3C 84 central black hole
Astronomy & Astrophysics (2024)

DOI: 10.1051/0004-6361/202348308



„Das EHT liefert nicht nur erste Bilder von Schwarzen Löchern, sondern ist auch hervorragend geeignet, um astrophysikalische Plasmastrahlen und ihr Zusammenspiel mit starken Magnetfeldern zu beobachten“, sagt Georgios Filippos Paraschos, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Radioastronomie (MPIfR), der das Projekt geleitet hat. „Unsere dadurch gewonnenen Erkenntnisse liefern neue Beweise dafür, dass sich ein geordnetes Magnetfeld durch das erhitzte Gas erstreckt, das das zentrale Schwarze Loch umgibt.“ Die bahnbrechenden Beobachtungen mit dem EHT ermöglichen es den Forschern, immer wieder auftretende Fragen zu beantworten, wie nämlich Schwarze Löcher Materie akkretieren und gewaltige Jets ausstoßen, die weit über ihre Wirtsgalaxien hinausreichen können.


Die acht Radioteleskope, die bei den Beobachtungen mit dem Event-Horizon-Teleskop im April 2017 zum Einsatz kamen (im Uhrzeigersinn von oben links): APEX, Pico Veleta, LMT, JCMT, ALMA, SMT (Heinrich-Hertz-Teleskop), SMA, SPT.

In den letzten Jahren hat das Event-Horizon-Teleskop eine Reihe von Bildern enthüllt, die die Ausrichtung der elektromagnetischen Strahlung um das Schwarze Loch M 87* zeigen. Diese Eigenschaft des emittierten Radiolichts, die als lineare Polarisation bezeichnet wird, liefert Hinweise auf das zugrunde liegende Magnetfeld. Insbesondere eine starke lineare Polarisation, wie sie in der vorliegenden Studie gefunden wurde, deutet auf ein starkes, wohlgeordnetes Magnetfeld in der Umgebung des Schwarzen Lochs im Zentrum von 3C 84 hin. Es wird vermutet, dass solche starken Magnetfelder die treibende Kraft hinter dem Start von Plasmajets sind, die aus Materie bestehen, die nicht vom Schwarzen Loch verzehrt wurde.

„Die Radiogalaxie 3C 84 ist schon deswegen interessant, weil sie eine Herausforderung für den Nachweis und die genaue Messung der Polarisation des Lichts in der Nähe eines Schwarzen Lochs darstellt“, erklärt Jae-Young Kim, außerordentlicher Professor für Astrophysik an der Kyungpook National University (Daegu, Südkorea), der ebenfalls am MPIfR tätig ist. „Die außergewöhnliche Fähigkeit des Event-Horizon-Teleskops, das dichte interstellare Gas zu durchdringen, ist ein bahnbrechender Fortschritt für die präzise Beobachtung der Umgebung von Schwarzen Löchern.“ Solche hochgenauen Beobachtungen ebnen den Weg für die Entdeckung und Untersuchung anderer supermassereicher Schwarzer Löcher, die für bisherige Beobachtungstechnologien verborgen und schwer fassbar geblieben sind.

Die erhaltenen Ergebnisse erhellen auch die Art und Weise, wie die Masse auf das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum akkretiert wird, nämlich durch Advektion. Es wird angenommen, dass die einfallende Materie eine stark magnetisierte, sozusagen magnetisch arretierte Scheibe bildet. In diesem Szenario werden die Magnetfeldlinien innerhalb der Akkretionsscheibe eng gewickelt und verdreht, was eine effiziente Freisetzung von magnetischer Energie verhindert. Darüber hinaus deuten die Ergebnisse darauf hin, dass das Schwarze Loch im Zentrum von 3C 84 schnell rotiert, was einen Zusammenhang zwischen dem Start des Jets und der schnellen Rotation der Schwarzen Löcher nahelegt.

„Warum sind Schwarze Löcher so gut darin, starke Jets zu erzeugen? Das ist eine der faszinierendsten Fragen der Astrophysik“, sagt Maciek Wielgus, Forscher am MPIfR. „Wir gehen davon aus, dass allgemein relativistische Effekte, die knapp oberhalb des Ereignishorizonts des Schwarzen Lochs auftreten, der Schlüssel zur Beantwortung dieser Frage sein könnten. Solche hochauflösenden Beobachtungen ebnen endlich den Weg zu einer experimentellen Bestätigung.“

Diese aufregenden neuen Ergebnisse wurden durch die Technik der Interferometrie mit sehr langen Basislinien („Very Long Baseline Interferometry“, VLBI) ermöglicht. Dabei beobachten mehrere Teleskope dasselbe Objekt am Himmel und die gesammelten Signale werden anschließend zu einem Bild kombiniert. Auf diese Weise realisiert man ein virtuelles Teleskop, das so groß sein kann wie der Durchmesser der Erde.

„Diese Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt zum Verständnis von Galaxien wie 3C 84. Gemeinsam mit unseren internationalen Partnern sind wir bestrebt, die Fähigkeiten des Event-Horizon-Teleskops zu verbessern, um noch detailliertere Einblicke in die Erzeugung von Jets um Schwarze Löcher zu ermöglichen“, schließt Anton Zensus, Direktor am MPIfR und Leiter der Forschungsabteilung Radioastronomie / VLBI.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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