Gewaltige, lange zurückliegende Galaxienverschmelzungen

Gewaltige, lange zurückliegende Galaxienverschmelzungen

Physik-News vom 25.04.2018
 

Die ALMA- und APEX-Teleskope haben tief in den Weltraum geschaut - zurück in die Zeit, als das Universum nur ein Zehntel seines heutigen Alters hatte - und so die Anfänge gigantischer kosmischer Massenansammlungen miterlebt: bevorstehende Kollisionen junger Starburstgalaxien. Astronomen dachten bislang, dass diese Ereignisse etwa drei Milliarden Jahre nach dem Urknall stattfanden und waren daher überrascht, dass die neuen Beobachtungen sie bereits zeigen, als das Universum nur halb so alt war! Man geht davon aus, dass diese uralten Galaxiensysteme die massereichsten Strukturen im bekannten Universum bilden: Galaxienhaufen.

Mit dem Atacama Large Millimeter/Submillimeter Array (ALMA) und dem Atacama Pathfinder Experiment (APEX) haben zwei internationalen Wissenschaftlerteams unter der Leitung von Tim Miller von der Dalhousie University in Kanada und der Yale University in den USA sowie Iván Oteo von der University of Edinburgh in Großbritannien erstaunlich dichte Konzentrationen von Galaxien aufgefunden, die dabei sind, sich zu vereinigen und die Kerne dessen zu bilden, was später große Galaxienhaufen sein werden.


Künstlerische Darstellung einer gewaltigen, lange zurückliegenden Galaxienverschmelzung

Publikation:


I. Oteo et al.
An Extreme Proto-cluster of Luminous Dusty Starbursts in the Early Universe
Astrophysical Journal

DOI: 10.3847/1538-4357/aaa1f1



Das Miller-Team schaute durch 90% der Strecke des beobachtbaren Universums und untersuchte einen Proto-Galaxienhaufen namens SPT2349-56. Das Licht von diesem Objekt begann zu uns zu reisen, als das Universum nur etwa ein Zehntel seines heutigen Alters hatte.

Die einzelnen Galaxien in dieser dichten kosmischen Massenansammlung sind Starburst-Galaxien und die Konzentration starker Sternentstehung in einer so kompakten Region macht dies zur bei weitem aktivsten Region, die jemals im jungen Universum beobachtet wurde. Tausende von Sternen werden dort jedes Jahr geboren, zum Vergleich: In unserer eigenen Milchstraße ist es durchschnittlich nur ein einziger.

Das Oteo-Team hatte bereits eine ähnlich große Galaxienverschmelzung aus zehn staubigen sternbildenden Galaxien entdeckt, die wegen ihrer tiefroten Farbe als "staubiger roter Kern" bezeichnet wird, indem es aus Beobachtungen von ALMA und APEX kombinierte.

Iván Oteo erklärt, warum sie mit diesen Objekten nicht gerechnet haben: "Die Lebensdauer von staubiger Sternentstehung wird relativ kurz eingeschätzt, weil das Gas dabei außerordentlich schnell verbraucht wird. Zu jeder Zeit, in jeder Ecke des Universums, sind solche Galaxien in der Regel in der Minderheit. Es ist also sehr rätselhaft, zahlreiche staubreiche Sternentstehungsgebiete gleichzeitig zu finden, und das müssen wir noch verstehen."

Diese sich bildenden Galaxienhaufen wurden zunächst mit dem South Pole Telescope und dem Weltraumobservatorium Herschel als schwache Lichtflecken entdeckt. Nachfolgende ALMA- und APEX-Beobachtungen zeigten dann, dass sie eine ungewöhnliche Struktur haben und haben bestätigt, dass ihr Licht viel früher als erwartet entstand - nur 1,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall.

Die neuen hochauflösenden ALMA-Beobachtungen ergaben schließlich, dass die beiden schwachen Lichtquellen keine Einzelobjekte sind, sondern sich aus vierzehn bzw. zehn einzelnen massereichen Galaxien zusammensetzen, die jeweils in einem Umkreis liegen, der mit der Entfernung zwischen der Milchstraße und den benachbarten Magellanschen Wolken vergleichbar ist.

"Diese Entdeckungen von ALMA sind nur die Spitze des Eisbergs. Zusätzliche Beobachtungen mit dem APEX-Teleskop zeigen, dass die tatsächliche Anzahl der sternbildenden Galaxien wahrscheinlich sogar dreimal höher ist. Laufende Beobachtungen mit dem MUSE-Instrument am VLT der ESO identifizieren auch weitere Galaxien", kommentiert ESO-Astronom Carlos De Breuck.

Aktuelle theoretische und computergestützte Modelle haben ergeben, dass so massereiche Proto-Galaxienhaufen eigentlich viel länger gebraucht haben sollten, um sich zu entwickeln. Mithilfe der ALMA-Daten mit ihrer überlegenen Auflösung und Empfindlichkeit als Input für anspruchsvolle Computersimulationen sind die Wissenschaftler in der Lage, die Haufenbildung weniger als 1,5 Milliarden Jahre nach dem Urknall zu untersuchen.

"Wie diese Ansammlung von Galaxien so schnell so groß wurde, ist erstmal ein Rätsel. Sie hat sich offenbar nicht allmählich über Milliarden von Jahren angesammelt, so wie die Astronomen es erwarten haben. Diese Entdeckung bietet eine großartige Gelegenheit zu untersuchen, wie massereiche Galaxien zusammengekommen sind, um riesige Galaxienhaufen zu bilden", erläutert Tim Miller, Doktorand an der Yale University und Hauptautor einer der beiden Fachartikel.


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