Forscher entdecken neues Mineral vom Mond

Forscher entdecken neues Mineral vom Mond

Physik-News vom 02.11.2020
 

Ein europäisches Forscherteam unter Beteiligung des Museums für Naturkunde Berlin hat im Mondmeteoriten Oued Awlitis 001 ein neues Mineral entdeckt, beschrieben und Donwilhelmsit genannt. Der Fund dieses Minerals ist für die Erforschung der Entstehungsgeschichte des Mondes und die im Erdinneren ablaufenden Prozesse von großer Bedeutung. Solches Sammlungsmaterial ist für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein unendlicher Schatz zur Erforschung der Natur, um Antworten auf relevante wissenschaftliche Fragestellungen zu finden.

„Seit 25 Jahren arbeite ich täglich an Meteoriten, aber plötzlich als erster ein neues Mineral aus dem Weltall zu entdecken und dann zu erforschen, ist ein überwältigendes Gefühl“, so Ansgar Greshake, Wissenschaftlicher Leiter der Meteoritensammlung am Museum für Naturkunde Berlin.


Donwilhemsite im Rasterelektronenmikroskop.

Publikation:


Jörg Fritz, Ansgar Greshake, Mariana Klementova, Richard Wirth, Lukas Palatinus, Reida G. Trønnes, Vera Assis Fernandes, Ute Böttger, Ludovic Ferrière
Donwilhelmsite, [CaAl4Si2O11], a new lunar high-pressure Ca-Al-silicate with relevance for subducted terrestrial sediments
American Mineralogist (2020) 105 (11): 1704–1711

DOI: 10.2138/am-2020-7393



Eines der Hauptforschungsthemen am Museum für Naturkunde Berlin ist die Impakt- und Meteoritenforschung, da die Entstehung und Entwicklung der Erde und des Lebens maßgeblich durch Einschläge kosmischer Körper geprägt wurden. Diese außerirdischen Projektile selbst enthalten einige Geheimnisse, beispielsweise bisher unbekannte Minerale. Bisher sind weltweit nur etwa 5.000 Minerale bekannt. Weniger als 50 Minerale werden jährlich neu beschrieben. Nun entdeckte ein internationales Forscherteam unter Beteiligung des Museums für Naturkunde Berlin ein neues Mineral in einem Mondmeteoriten.


Fragmente des Mondmeteoriten Oued Awlitis 001

Neben den rund 382 Kilogramm Gestein und Boden, die von den Apollo- und Luna-Missionen gesammelt wurden, erlauben Mondmeteorite wertvolle Einblicke in die Entstehungsgeschichte des Mondes. An solchem Sammlungsmaterial vertiefen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschung für Natur und finden Antworten auf relevante Fragestellungen, wie zum Beispiel die Auswirkung von Meteoriteneinschlägen auf die Entwicklung der Planeten unseres Sonnensystems. Die Sammlungen sind dafür unabdingbare Voraussetzung und Forschungsinfrastruktur.

Die von Impaktkratern übersäte Mondoberfläche zeigt, dass Einschläge großer Asteroide die Entwicklung des Mondes nachhaltig beeinflusst haben. In seltenen Fällen gelangte dabei auch Material unseres Erdtrabanten als Mondmeteorite auf die Erde. Beim Herausschleudern von dem Mutterkörper werden Meteorite besonders hohen Temperaturen und Drücken ausgesetzt. Die extremen physikalischen Bedingungen führen oft zu einem schockartigen Aufschmelzen mikroskopisch kleiner Gesteinsbereiche, die in diesen Meteoriten dann Schmelzadern oder Schmelztaschen bilden. Diese geschockten Gesteinsbereiche sind von großer Bedeutung, da sie Druck- und Temperaturverhältnisse widerspiegeln, die denen im Erdmantel ähnlich sind. Diese natürlichen Schmelztiegel enthalten Minerale, die sonst an der Erdoberfläche nicht zugänglich sind. In Meteoriten finden sich so Minerale wie Wadsleyit, Ringwoodit und Bridgmanit, die zu großen Anteilen den Erdmantel ausmachen und in Hochdruck-Laborexperimenten synthetisiert werden können.


Elektronenbeugungsmuster von Donwilhelmsite

Das neu in einem Mondmeteoriten entdeckte Mineral Donwilhelmsit [CaAl4Si2O11] besteht hauptsächlich aus Kalzium-, Aluminium-, Silizium- und Sauerstoffatomen und wurde innerhalb von Schmelzschockzonen des Mondmeteoriten Oued Awlitis 001 entdeckt, der 2014 in der Westsahara gefunden wurde. Dieser Meteorit ähnelt in seiner Zusammensetzung den Gesteinen, aus denen die Kontinente der Erde bestehen. Erodierte Sedimente dieser Kontinente werden durch Wind und Flüsse in die Ozeane transportiert und als Teil der dichten ozeanischen Kruste durch die Bewegung der Erdplatten in den Erdmantel subduziert. Einmal in die Tiefen von etwa 460-700 km gelangt, verwandeln sich die Mineralbestandteile der ozeanischen Kruste bei dem in diesen Tiefen herrschenden hohen Druck und den hohen Temperaturen in andere Mineralphasen, einschließlich des neu entdeckten Minerals Donwilhelmsit. Im terrestrischen Gesteinskreislauf ist Donwilhelmsit daher ein wichtiger Anzeiger für den Transport von Krustensedimenten in den Erdmantel (460-700 km Tiefe).

Die Beschreibung des neuen Minerals Donwilhelmsit wird in der wissenschaftlichen Zeitschrift "American Mineralogist" von Jörg Fritz (Zentrum für Rieskrater und Impaktforschung Nördlingen, Deutschland), Zweitautor Ansgar Greshake und Kollegen des Naturhistorischen Museums Wien, des Instituts für Physik der Tschechischen Akademie der Wissenschaften, Prag, des Helmholtz-Zentrums GFZ Potsdam, des Naturhistorischen Museums Oslo, der Universität Manchester und des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt Berlin veröffentlicht. Diese gesamteuropäische Zusammenarbeit war notwendig, um den Mondmeteoriten zu erwerben, das neue Mineral mithilfe optischer und elektronenoptischer Methoden am Museum für Naturkunde Berlin erstmals aufzufinden und detailliert zu beschreiben, seine wissenschaftliche Relevanz zu verstehen und seine Kristallstruktur mit hoher Genauigkeit zu bestimmen.

Das neue Mineral wurde zu Ehren des Mondgeologen Don E. Wilhelms benannt. Der amerikanischen Wissenschaftler war an der Auswahl des Landeplatzes und der Datenanalyse der Apollo-Weltraummissionen beteiligt, die die ersten Gesteinsproben vom Mond zur Erde brachten. Ein Teil des Meteoriten Oued Awlitis 001 ist heute im Naturhistorischen Museum Wien ausgestellt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Museum für Naturkunde - Leibniz-Instituts für Evolutions- und Biodiversitätsforschung via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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