Elektronen-Rangelei in Nanostrukturen aus Kohlenstoff

Elektronen-Rangelei in Nanostrukturen aus Kohlenstoff

Physik-News vom 03.12.2019
 

Physiker aus Kiel und Kopenhagen klären das Verhalten von Elektronen in Graphen-Nanobändern auf.

Um elektronische Bauteile weiter zu verkleinern und damit Geräte wie Laptop oder Smartphone schneller und leistungsfähiger zu machen, braucht es neue Materialien. In dieser Hinsicht vielversprechend sind winzige Nanostrukturen des neuartigen Werkstoffs Graphen. Dieser besteht aus einer einzigen Atomlage Kohlenstoff und hat unter anderem eine hohe elektrische Leitfähigkeit. Allerdings zeigen solche mikroskopisch kleinen Nanostrukturen bedingt durch die räumliche Einschränkung ein stark verändertes elektronisches Verhalten. Mit einem aufwändigen Rechenmodell gelang es einem Team unter Leitung von Professor Michael Bonitz vom Institut für Theoretische Physik und Astrophysik (ITAP) der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), die Eigenschaften der Elektronen in diesen besonderen Nanostrukturen präzise zu simulieren und aufzuklären. Diese Kenntnisse sind entscheidend für den potenziellen Einsatz von Nanostrukturen aus Graphen in elektronischen Bauteilen.


Das Graphen-Nanoband (Mitte) besteht aus einer einzigen Lage wabenförmig angeordneter Kohlenstoffatome. Das Band ist nur wenige Kohlenstoffatome breit und besitzt, je nach Form und Breite, unterschiedliche elektrische Eigenschaften. Die lokale Zustandsdichte der Elektronen ist an den Rändern erhöht, wie die dunkelroten Flächen in den Kästen zeigen.

Publikation:


Jan-Philip Joost, Antti-Pekka Jauho, Michael Bonitz
Correlated Topological States in Graphene Nanoribbon Heterostructures
Nano Letters (2019)

DOI: 10.1021/acs.nanolett.9b04075



Präzise Simulation der Eigenschaften von Elektronen in Nanostrukturen

Zwei Forschungsteams ist es im vergangenen Jahr unabhängig voneinander gelungen, heterogene schmale Kohlenstoff-Nanobänder herzustellen und die Elektronen-Energien darin auszumessen. Bei den Bändern wechseln sich verschieden breite Bereiche regelmäßig ab. Dadurch entstehen unterschiedliche Energiezustände mit einer eigenen elektronischen Struktur. „In theoretischen Modellen konnten die Messergebnisse aber nicht vollständig reproduziert werden“, erklärt Bonitz, der den Lehrstuhl für statistische Physik am ITAP leitet. Zusammen mit seinem Doktoranden Jan-Philip Joost und dem dänischen Kollegen Professor Antti-Pekka Jauho von der Technischen Universität Dänemark (DTU) entwickelte er ein verbessertes Modell und erreichte damit eine hervorragende Übereinstimmung mit den Experimenten. Die theoretischen Resultate stellen die Physiker in der aktuellen Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift Nano Letters vor.

Grundlage für die neuen und präziseren Computersimulationen war die Annahme, dass die Abweichungen zwischen Experiment und bisherigen Modellen durch die gegenseitige Abstoßung der Elektronen bedingt war. Diese sogenannte Coulomb-Wechselwirkung gibt es zwar auch in Metallen, aber in den kleinen Kohlenstoff-Nanostrukturen ist der Effekt viel größer. Die Elektronen werden aus den ursprünglichen Energiezuständen herausgestoßen und müssen sich andere Plätze ‚suchen’, wie Bonitz verdeutlicht: „Wir konnten nachweisen, dass Korrelationseffekte durch die Coulomb-Wechselwirkung der Elektronen einen zum Teil dramatischen Einfluss auf das lokale Energiespektrum haben“.

Form der Nanobänder bedingt die elektronische Eigenschaften

Wie die zulässigen Energiewerte der Elektronen von der Länge, Breite und Form der Nanostrukturen abhängt, konnte durch Untersuchung weiterer Nanobänder aufgeklärt werden. „Je nachdem wie man die Geometrie der Nanobänder wählt, welche Breite sie haben und wie sich die Breite ändert, ändert sich auch das Energiespektrum“, ergänzt Joost. „Unsere neuen Daten ermöglichen erstmals präzise Vorhersagen, wie sich das Energiespektrum durch die gezielte Variation der Form der Nanobänder steuern lässt”, sagt Jauho von der DTU in Kopenhagen. Die Forscher hoffen, dass diese Vorhersagen nun auch experimentell überprüft werden und zur Entwicklung neuer Nanostrukturen führen. Derartige Systeme können einen entscheidenden Beitrag zur weiteren Miniaturisierung der Elektronik liefern.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt







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