Eine scheinbar alte Galaxie in einem jungen Universum

Eine scheinbar alte Galaxie in einem jungen Universum

Physik-News vom 03.03.2015
 

Astronomen ist es gelungen, in einer der am weitesten entfernten Galaxien, die je untersucht wurden, Staub nachzuweisen.

Astronomen ist es gelungen, in einer der am weitesten entfernten Galaxien, die je untersucht wurden, Staub nachzuweisen. Gleichzeitig handelt es sich um den ersten Nachweis von Staub in einem solch weit entfernten Sternentstehungssystem überhaupt und vor allem aber um den lang erhofften Beweis für die schnelle Entwicklung von Galaxien nach dem Urknall. Um das schwache Glimmen des kalten Staubes in der Galaxie A1689-zD1 einfangen zu können, bedienten sich die Wissenschaftler der Hilfe von ALMA, und nutzten anschließend das Very Large Telescope der ESO, um die Distanz zu messen.


Position der fernen staubigen Galaxie A1689-zD1 hinter dem Galaxienhaufen Abell 1689

Publikation:


D. Watson et al.
A dusty, normal galaxy in the epoch of reionization
Nature 2014

DOI: 10.1038/nature14164



Ein Team von Astronomen, angeführt von Darach Watson von der Universität Kopenhagen, konnte mit dem X-Shooter-Spektrografen am Very Large Telescope und dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) eine der jüngsten und am weitesten entfernte Galaxien beobachten, die bisher gefunden wurden. Überraschenderweise fanden sie eine im Entwicklungsstand fortgeschrittenere Galaxie als erwartet vor, deren Staubanteil ähnlich dem einer voll entwickelten Galaxie wie der Milchstraße ist. Für die Entstehung von Leben ist Staub unerlässlich, da er dabei hilft, Planeten, komplexe Moleküle oder normale Sterne zu bilden.

Das Ziel ihrer Untersuchungen trägt den Namen A1689-zD1 [1]. Beobachtbar ist diese Galaxie nur, weil ihre Helligkeit durch den Gravitationslinseneffekt um das Neunfache verstärkt wird. Das geschieht durch den Galaxienhaufen Abell 1689, der zwischen der jungen Galaxie und der Erde liegt. Aufgrund seiner hohen Masse wirkt seine Masse wie eine optische Linse, die das Licht dahinterliegender Objekte verstärkt. Ohne diesen Effekt wäre das Licht der jungen Galaxie auf der Erde zu schwach, um noch nachgewiesen zu werden.

Aufgrund der langen Lichtlaufzeit ist A1689-zD1 von der Erde aus heute in dem Zustand sichtbar, den sie hatte als das Universum gerade einmal 700 Millionen Jahre alt war – das sind fünf Prozent von ihrem heutigen Alter [2]. Es handelt sich um eine relativ mäßig ausgebildete Galaxie — deutlich weniger Masse und weniger leuchtkräftig als viele andere vergleichbare Objekte, die aus dieser Phase des frühen Universums untersucht wurden und deshalb ein typischeres Beispiel für Galaxien zu dieser Zeit sind.

Wenn wir A1689-zD1 heute beobachten, sehen wir die Galaxie zu der Zeit der Reionisationsepoche, als die ersten Sterne das vorher vollkommen dunkle Universum zum ersten Mal in eine Phase der kosmischen Dämmerung versetzten. Man ging eigentlich davon aus, dass sie wie ein gerade erst neugebildetes System aussehen würde, tatsächlich überraschte die Galaxie ihre Beobachter aber mit einer ausgeprägten chemischen Komplexität und einem übermäßig hohen Anteil an Staub.

„Nachdem wir die Entfernung der Galaxie mit dem VLT bestätigen konnten, begriffen wir, dass wir sie vorher schon mit ALMA beobachtet hatten“, erklärt Darach Watson. „Wir haben nicht erwartet, dass wir viel finden würden, aber glauben Sie mir, als uns klar wurde, dass nicht nur ALMA sie beobachtet hatte, sondern dass wir auch einen deutlichen Nachweis hatten, waren wir alle sehr aufgeregt. Eines der Hauptziele des ALMA-Observatoriums war es, Galaxien aus dem frühen Universum anhand ihres kalten Gases und ihrer Staubemission zu finden — und hier hatten wir sie!“

Diese Galaxie entspricht einem kosmischem Kleinkind — und stellte sich aber als frühreif heraus. In diesem Alter würde man annehmen, dass sie so gut wie keine schweren chemischen Elemente zeigen würde — in der Astronomie wird alles schwerer als Wasserstoff und Helium damit bezeichnet. Die schweren Elemente werden im Sterninneren produziert und weit verstreut, sobald der Stern explodiert oder auf andere Weise stirbt. Dieser Prozess muss sich mehrfach innerhalb mehrerer stellarer Generationen wiederholen, um eine signifikante Menge an Elementen wie Kohlenstoff, Sauerstoff und Stickstoff zu produzieren.

Überraschenderweise scheint die Galaxie A1689-zD1 viel langwellige Infrarotstrahlung auszusenden [3], was ein Indiz dafür ist, dass bereits viele Sterne und eine bedeutende Menge von schweren Elementen gebildet wurden. Es stellte sich heraus, dass sie nicht nur Staub enthält, sondern auch ein Staub-Gas-Verhältnis aufweist, das jenen von bereits deutlich weiterentwickelteren Galaxien entspricht.

„Obwohl die genaue Quelle des galaktischen Staubs unklar bleibt, deuten unsere Funde darauf hin, dass seine Produktion sehr schnell, innerhalb von gerade einmal 500 Millionen Jahren mit Beginn der Sternentstehung im Universum abläuft — ein sehr kurzes kosmologisches Zeitfenster, angesichts der Tatsache, dass die meisten Sterne mehrere Milliarden Jahre leben“, ergänzt Darach Watson.

Die Ergebnisse der Untersuchungen legen nahe, dass A1689-zD1entweder ab einem Zeitpunkt von 560 Millionen Jahren nach dem Urknall beständig mit einer mittleren Rate Sterne produziert hat oder eine sehr schnell eine Phase der Sternentstehung, durchlaufen hat, einen sogenannten Starburst, bevor sie in eine Phase der rückläufigen Sternentstehung geraten ist.

Vor dieser Studie gab es unter Astronomen Bedenken, ob solch weit entfernte Galaxien mit diesen Methoden nachweisbar wären, aber A1689-zD1 wurde tatsächlich mittels kurzer Beobachtungen mit ALMA gefunden.

Kirsten Knudsen von der Chalmers University of Technology in Schweden, Koautorin der Veröffentlichung, fügt hinzu: „Diese verblüffend staubige Galaxie scheint es besonders eilig gehabt zu haben, ihre erste Generation an Sternen zu produzieren. In der Zukunft wird ALMA in der Lage sein, uns dabei zu helfen, noch mehr solcher Galaxien zu finden und zu verstehen, warum sie so scharf darauf sind, erwachsen zu werden.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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