Ein sich wiederholender Radiostrahlungsausbruch aus einer Spiralgalaxie

Ein sich wiederholender Radiostrahlungsausbruch aus einer Spiralgalaxie

Physik-News vom 06.01.2020
 

Das Radioteleskop Effelsberg ist an der Untersuchung eines sich wiederholenden schnellen Radiostrahlungsausbruchs beteiligt, mit dem es möglich wurde, den Ursprung des Ausbruchs in einer Spiralgalaxie zu lokalisieren. Entscheidend für den Erfolg waren die Empfindlichkeit des 100m-Teleskops wie auch sein flexibles Pulsar-Analyseinstrument, mit dem eine schnelle Lokalisierung der Radioposition möglich wurde. Dieser FRB hatden bisher geringsten Abstand zur Erde und wurde in einer Umgebung aufgespürt, die sich deutlich von denen bei vorhergehenden FRBs unterscheidet. Damit müssen die Forscher ihre bisherigen Annahmen über den Ursprung dieser rätselhaften extragalaktischen Ereignisse überprüfen.

Eines der größten Rätsel in der aktuellen astronomischen Forschung ist der Ursprung von extrem kurzen heftigen Radiostrahlungsausbrüchen, die als „Fast Radio Bursts” oder FRBs bezeichnet werden. Obwohl sie nur für Millisekunden sichtbar werden, hat man inzwischen Hunderte von Beobachtungen dieser rätselhaften Quellen. Aber lediglich für vier bisher gefundene FRBs ist auch eine genauere Position am Himmel bekannt und deren wahrscheinlicher Ursprung lokalisiert.


Ursprungsgalaxie des schnellen Radiostrahlungsausbruchs FRB 180916.J0158+65. Der Inset zeigt eine kontrastverstärkte Vergrößerung der Sternentstehungsregion, in der der FRB gefunden wurde.

Publikation:


B. Marcote et al.
A repeating fast radio burst source localized to a nearby spiral galaxy
Nature 2020

DOI: 10.1038/s41586-019-1866-z



Im Jahr 2016 wurde bei einer dieser vier Quellen beobachtet, dass sich die Radiostrahlungsausbrüche wiederholen; sie kommen in nicht vorhersagbarer Weise aus der gleichen Region am Himmel. Im folgenden unterschieden die Forscher zwischen FRBs mit lediglich einem beobachteten Radiostrahlungsausbruch („non-repeating”) und solchen, für die gleich mehrere dieser Ausbrüche beobachtet werden konnten („repeating”).


Karte mit den Positionen der acht Radioteleskope des Europäischen VLBI-Netzwerks (EVN), die an den Beobachtungen beteiligt waren, sowie vom JIVE-Zentralrechner (Korrelator) in den Niederlanden.

„Die wiederholten Ausbrüche, die wir beim ersten identifizierten Repeater beobachten konnten, kommen aus sehr speziellen und extremen Bedingungen im Inneren einer massearmen Zwerggalaxie”, sagt Benito Marcote vom „Joint Institute for VLBI ERIC”, der Erstautor der vorliegenden Untersuchung. „Diese Entdeckung markierte das erste Fundstück in einem Puzzle, aber sie warf auch neue Fragen auf wie zum Beispiel nach dem fundamentalen Unterschied zwischen „Repeatern” und „Non-Repeatern”. Jetzt haben wir eine zweite Quelle dieser wiederholten Radiostrahlungsausbrüche lokalisiert und können unsere vorherigen Annahmen über den Ursprung dieser Ausbrüche überprüfen.”

Am 19. Juni 2019 haben acht Radioteleskope im Rahmen des Europäischen VLBI-Netzwerks (EVN) gleichzeitig eine Radioquelle beobachtet, die unter der Bezeichnung FRB 180916.J0158+65 bekannt ist. Die Quelle war ursprünglich bereits im Jahr 2018 mit dem CHIME-Radioteleskop in Kanada entdeckt worden. Mit dem EVN konnten die Wissenschaftler eine Messung mit sehr hoher Winkelauflösung in Richtung von FRB 180916.J0158+65 durchführen. Während der fünf Stunden dauernden Beobachtung entdeckten die Forscher vier Strahlungsausbrüche, die jeweils weniger als zwei Millisekunden lang dauerten. Die erreichte Auflösung mit der Verbindung von Radioteleskopen über die ganze Erde hinweg und einer Beobachtungsmethode, die unter dem Namen „Very Long Baseline Interferometry” (VLBI) bekannt ist, bedeutete, dass die Position des Strahlungsausbruchs in der Galaxie auf eine Region von lediglich sieben Lichtjahren Ausdehnung festgelegt werden konnte. Das ist eine Genauigkeit, die der Lokalisierung eines einzelnen Menschen auf dem Mond von der Erde aus entspricht.

Das 100-m-Radioteleskop Effelsberg des Max-Planck-Instituts für Radioastronomie (MPIfR) spielte gleich in zweierlei Hinsicht eine entscheidende Rolle bei der Durchführung dieser Beobachtungen. Zum einen wurde mit den flexiblen (Pulsar-) Instrumenten am Teleskop Daten für eine sehr schnelle Identifikation der Radiostrahlungsausbrüche gewonnen, die als Input für die hochaufgelösten Radiobeobachtungen wichtig waren. Zum anderen war die große Sammelfläche und damit Empfindlichkeit dieses Teleskops unverzichtbar für die koordinierten Interferometriebeobachtungen sehr schwacher Quellen wie diesem FRB.

Mit der präzisen Position der Radioquelle wurde es nun möglich, optische Beobachtungen dieses Bereichs am Himmel bei hoher Auflösung mit einem der größten optischen Teleskope der Erde, dem 8-m-Gemini-Nord-Teleskop auf dem Mauna Kea in Hawaii durchzuführen. Die genaue Radioposition zeigt, dass die Strahlungsausbrüche aus einer Spiralgalaxie mit der Bezeichnung SDSS J015800.28+654253.0 kommen, die ungefähr eine halbe Milliarde Lichtjahre von der Erde entfernt liegt. Genauer gesagt, kommen die Ausbrüche aus einer Region innerhalb dieser Galaxie, in der starke Sternentstehungsaktivität stattfindet.

„Die ermittelte Position in der Galaxie ist deutlich anders als bei dem vorher bereits identifizierten „Repeater”, sie unterscheidet sich aber auch von allen anderen bisher untersuchten FRBs”, erklärt Kenzie Nimmo, ein Doktorand an der Universität Amsterdam und Ko-autor der Untersuchung. „Die Unterschiede zwischen „Repeatern” und „Non-Repeatern” werden damit weniger eindeutig und wir nehmen an, dass diese Ereignisse nicht an einen bestimmten Typ von Galaxie oder Umgebung innerhalb einer Galaxie gebunden sind. Es mag durchaus sein, dass FRBs in einer großen Vielfalt von Umgebungen im Universum auftreten und dass es spezielle Bedingungen braucht, um sie nachweisbar zu machen.”

„Mit den vorliegenden Ergebnissen wird es zunehmend unwahrscheinlich, dass die sich wiederholenden FRBs auf sehr starke Signale von Radiopulsaren zurückzuführen sind”, sagt Ramesh Karuppusamy vom MPIfR, ebenfalls Ko-autor der vorliegenden Untersuchung. „Wir sind an der Schwelle, mit neuen noch empfindlicheren Radioteleskopen weitere FRBs zu lokalisieren und damit schließlich die wahre Natur dieser Quellen herauszufinden.”

Während die aktuelle Untersuchung Zweeifel an vorherigen Annahmen über FRBs weckt, ist es auf jeden Fall der FRB mit dem geringsten Abstand zur Erde, der bisher lokalisiert werden konnte. Dadurch wird eine sehr detaillierte Untersuchung dieses Phänomens möglich.

„Wir hoffen, dass die Fortsetzung unserer Untersuchungen schließlich die Bedingungen für die Entstehung solch rätselhafter Radioastrahlungsausbrüche aufzeigt. Unser Ziel ist es, weitere FRBs genau zu lokalisieren und letztendlich auch ihren Ursprung verstehen zu können”, schließt Jason Hessels, vom Niederländischen Institut für Radioastronomie (ASTRON) und der Universität Amsterdam.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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