Dreidimensionale Struktur von Skyrmionen erstmals sichtbar

Dreidimensionale Struktur von Skyrmionen erstmals sichtbar

Physik-News vom 01.03.2019
 

Ein internationales Team von Wissenschaftlern konnte mit Hilfe eines hochauflösenden Röntgenmikroskops die vielbeachteten magnetischen Strukturen erstmals sichtbar machen.

Skyrmionen sind dreidimensionale Strukturen, die in magnetischen Materialien vorkommen. Sie sind wenige Nanometer kleine Magnetwirbel, in denen sich atomare Ele-mentarmagnete (Spins) in geschlossenen Wirbelstrukturen anordnen. Skyrmionen sind topo-logisch geschützt, d. h. in ihrer Form unveränderbar. In den 50er Jahren vom Mathematiker Tony Skyrme beschrieben, war es bis heute nicht möglich ihre weniger als hundert Nano-meter kleine dreidimensionale Struktur sichtbar zu machen.


Ein internationales Team von Wissenschaftlern konnte mit Hilfe eines hochauflösenden Röntgenmikroskops die vielbeachteten magnetischen Strukturen erstmals sichtbar machen.

Ein internationales Forscherteam hat es nun geschafft. Die Wissenschaftler forschen am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart, an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking, am Songshan Lake Materials Laboratory in Guangdong, an der Universität Oxford in Großbritannien, der Universität von Messina sowie am Polytechnic in Bari in Italien. Zusammen konnten sie die dreidimensionale Struktur von Skyrmionen erst-mals abbilden. Am 8. Februar 2019 wurde das Gemeinschaftsprojekt mit dem Titel „Ana-tomy of Skyrmionic Textures in Magnetic Multilayers“ im renommierten Fachjournal Ad-vanced Materials publiziert.

„Bis heute hatte niemand die Möglichkeit, die dreidimensionale Struktur der Skyrmionen zu sehen“, sagt Professor Gisela Schütz, Direktorin am Max-Planck-Institut für Intelligente Sys-teme (MPI-IS) in Stuttgart. Sie leitet dort die Abteilung für Moderne Magnetische Systeme. „Wir sind die ersten, die ein hochauflösendes, dreidimensionales Bild dieser Struktur erhal-ten konnten.“ Weil ein Skyrmion kleiner als 100 Nanometer (etwa 1000 mal kleiner als ein Haar) ist, nutzen die Forscher bei der Rastertransmissions-Röntgenmikroskopie unter ande-rem eine Methode namens Ptychographie. „Mit ihr haben wir die allerbeste Auflösung für Röntgenlicht und sind dabei noch hochempfindlich auf magnetische Details. Nur so konnten wir auch die inneren magnetischen Strukturen sehen“, erklärt Schütz.

Die Forscher setzten MAXYMUS ein, ein hochauflösendes Röntgenmikroskop angesiedelt am BESSY II, einer 80 Meter breiten Synchrotronstrahlungsquelle des Helmholtz-Zentrums Berlin in Adlershof. Sie erzeugt extrem brillantes Röntgenlicht. Im Anschluss folgte eine Messung von BESSYs britischem Pendant Diamond in Oxfordshire am RASOR-Strahlplatz. Dabei hat das Forscherteam entdeckt, dass die dreidimensionale Struktur des Skyrmions komplizierter ist als angenommen.

„Wir haben herausgefunden, dass vier magnetische Wechselwirkungen zusammenspielen und zur Ausbildung der 3D-Struktur führen. Allerdings ist die einfache Dipolkopplung maßge-bend entgegen bisherigen Erwartungen“, erklärt Dr. Joachim Gräfe, Leiter der Forschungs-gruppe Nanomagnonik und Magnetisierungsdynamik am MPI-IS. „Die Entschlüsselung der tatsächlichen Geometrie war die Voraussetzung zum Verständnis und damit zur Manipula-tion der derzeit weltweit erforschten Skyrmionen.“

Die Ergebnisse könnten insbesondere für die Entwicklung und später auch Herstellung soge-nannter spintronischer Bauteile wichtig werden. Magnetische Datenträger, die Informatio-nen in Skyrmionen speichern, wären topologisch stabilisiert und daher wenig störanfällig. „Um Skyrmionen in Datenspeichern einzusetzen, muss man natürlich die Struktur genau kennen und verstehen“, so Gräfe. „Mit unserer Publikation haben wir die Grundlagenfor-schung in diesem Bereich einen Schritt weitergebracht.“

Über uns

Professor Gisela Schütz ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart. Sie leitet dort die Abteilung „Moderne Magnetische Systeme“. Ihre Forschungs-interessen umfassen die Anwendung von Synchrotronstrahlung in der Röntgenspektroskopie und Mikroskopie sowie die Entwicklung fortschrittlicher Spintronik/Magnonsysteme und neuer Supermagnete.

Schütz wurde 1955 in Ottobeuren geboren. Sie studierte Physik an der Technischen Universität München (bis 1979), wo sie 1984 im Bereich Kernphysik promovierte. Kurz darauf begann sie mit Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der kondensierten Materie mit Synchrotronstrahlung. Sie arbeitete in mehreren Synchrotronlabors und entwickelte neue Methoden zur Untersuchung magnetischer Strukturen und Phänomene mit polarisierter Röntgenstrahlung. Nach dem Studium der Experimentalphysik 1992 wurde sie 1993 Professorin an der Universität Augsburg und erhielt 1997 einen Lehrstuhl am Institut für Experimentalphysik der Universität Würzburg. 2001 wurde Schütz Direktorin am Max-Planck-Institut für Metallforschung, dem heutigen Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme.

Dr. Joachim Gräfe leitet die Forschungsgruppe "Nanomagnonik und Magnetisierungs-dynamik" am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Stuttgart. Die Gruppe ist der Abteilung Moderne Magnetische Systeme von Prof. Gisela Schütz zugeordnet. Gräfes Forschung konzentriert sich auf die Magnetisierungsdynamik auf der Nanoskala, insbesondere die Magnonik, durch den Einsatz modernster Röntgenmikroskopie.

Gräfe wurde mit dem renommierten Ernst-Eckhard-Koch-Preis und der Otto-Hahn-Medaille der Max-Planck-Gesellschaft ausgezeichnet. Er studierte an der Universität Leipzig und der Cardiff University. Im Jahr 2016 promovierte er am MPI-IS, wo er seither als Gruppenleiter tätig ist.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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