Atome hüpfen nicht gerne Seil

Atome hüpfen nicht gerne Seil

Physik-News vom 19.11.2019
 

Nanooptische Fallen sind ein vielversprechender Baustein für Quantentechnologien. Forscher aus Österreich und Deutschland haben nun ein wichtiges Hindernis für deren praktischen Einsatz aus dem Weg geräumt. Sie konnten zeigen, dass eine besondere Form von mechanischen Vibrationen gefangene Teilchen in kürzester Zeit aufheizt und aus der Falle stößt.

Mit der Kontrolle einzelner Atome können Quanteneigenschaften erforscht und für technologische Anwendungen nutzbar gemacht werden. Seit rund zehn Jahren arbeiten Physiker an einer Technologie, mit der Atome eingefangen und kontrolliert werden können: sogenannte Nanooptische Fallen. Das von optischen Pinzetten bekannte Prinzip, mit Licht mikroskopische Objekte einzufangen, wird dafür auf Lichtwellenleiter, hier eine spezielle Glasfaser, angewendet. Die Glasfaser darf dafür nur wenige Hundert Nanometer dünn sein, also rund 100-mal dünner als ein menschliches Haar. In die Glasfaser wird Laserlicht unterschiedlicher Frequenz geschickt, wodurch rund um den Wellenleiter ein Lichtfeld entsteht, das einzelne Atome festhalten kann.


Entlang einer sehr dünnen Glasfaser lassen sich mit Laserlicht einzelne Atome fangen.

Publikation:


Daniel Hümmer, Philipp Schneeweiss, Arno Rauschenbeutel, and Oriol Romero-Isart
Heating in Nanophotonic Traps for Cold Atoms
Phys. Rev. X 9, 041034

DOI: 10.1103/PhysRevX.9.041034



Bisher war die Anwendbarkeit dieser Technologie allerdings dadurch eingeschränkt, dass die Atome sich nach sehr kurzer Zeit stark erhitzt haben und verloren gegangen sind. Die Aufheizrate war um drei Größenordnungen stärker als bei optischen Pinzetten, bei welchen das Lichtfeld im freien Raum erzeugt wird. Trotz intensiver Suche konnte die Ursache dafür bisher nicht ermittelt werden. Nun haben Daniel Hümmer und Oriol Romero-Isart vom Institut für Quantenoptik und Quanteninformation der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und dem Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck in Zusammenarbeit mit Philipp Schneeweiss und Arno Rauschenbeutel von der Humboldt-Universität zu Berlin das System grundlegend analysiert. Mit ihrem theoretischen Modell konnten sie zeigen, dass eine bestimmte Form von mechanischen Vibrationen der Glasfaser für die starke Erhitzung der Teilchen verantwortlich ist. Dies berichten die Wissenschaftler in der Fachzeitschrift Physical Review X.

Mechanische Schwingungen der Glasfaser

„Es handelt sich hier um Schwingungen wie sie entstehen, wenn man in ein Seil Wellen schlägt“, erklärt Daniel Hümmer. „Diese Vibrationen heizen die Teilchen, die nur rund 200 Nanometer über der Oberfläche des Wellenleiters schweben, sehr rasch auf.“ Die nun theoretisch ermittelte Aufheizrate stimmt sehr gut mit den experimentellen Ergebnissen überein. Diese Erkenntnis hat wichtige Konsequenzen für Anwendungen: Einerseits kann die Technologie mit einfachen Gegenmaßnahmen deutlich verbessert werden. Längere Kohärenzzeiten erlauben dann komplexere Experimente und Anwendungen.

Andererseits vermuten die Physiker, dass ihre Erkenntnis auch für viele ähnliche nanophotonische Fallen hilfreich sein könnte. Das von ihnen nun veröffentliche theoretische Modell liefert wesentliche Richtlinien für das Design solcher Atomfallen. „Bei der Herstellung dieser Fallen darf nicht nur auf die optischen Eigenschaften geachtet werden, auch die mechanischen Eigenschaften müssen berücksichtigt werden“, betont Oriol Romero-Isart.

„Unsere Berechnungen geben hier wichtige Hinweise, welche mechanischen Effekte am relevantesten sind.“ Da bei nanooptischen Fallen die Stärke der Wechselwirkung zwischen einzelnen Atomen und Photonen besonders hoch ist - ein Problem, mit dem viele andere Konzepte kämpfen -, öffnet diese Technologie das Tor in einen neuen Bereich der Physik. In den vergangenen Jahren wurden bereits viele theoretische Überlegungen dazu angestellt. Die Physiker aus Österreich und Deutschland haben nun ein großes Hindernis auf dem Weg dorthin beiseite geräumt.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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