Wilfried Buchmüller: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Wilfried Buchmüller''' (* [[1950]]) ist ein deutscher theoretischer Elementarteilchenphysiker.
'''Wilfried Buchmüller''' (* [[1950]]) ist ein deutscher theoretischer Elementarteilchenphysiker.


== Leben ==
Buchmüller studierte Physik an der [[Universität Bonn]] und am [[Imperial College]] in [[London]]. 1977 promovierte er in Bonn und war dann Assistent in Bonn, an der [[Cornell University]], am [[Fermilab]], am [[Max-Planck-Institut für Physik]] in [[München]] und 1984 bis 1986 am [[CERN]]. Von 1986 bis 1990 war er Professor an der [[Universität Hannover]] und danach Leitender Wissenschaftler am [[DESY]] und seit 1992 Professor an der [[Universität Hamburg]]. Er war unter anderem Gastprofessor an der [[University of California, Santa Barbara]] und 1992 bis 1998 Adjunct Professor an der [[Nordita]] in [[Kopenhagen]].
Buchmüller studierte Physik an der [[Universität Bonn]] und am [[Imperial College]] in [[London]]. 1977 promovierte er in Bonn und war dann Assistent in Bonn, an der [[Cornell University]], am [[Fermilab]], am [[Max-Planck-Institut für Physik]] in [[München]] und 1984 bis 1986 am [[CERN]]. Von 1986 bis 1990 war er Professor an der [[Universität Hannover]] und danach Leitender Wissenschaftler am [[DESY]] und seit 1992 Professor an der [[Universität Hamburg]]. Er war unter anderem Gastprofessor an der [[University of California, Santa Barbara]] und 1992 bis 1998 Adjunct Professor an der [[Nordita]] in [[Kopenhagen]].


Buchmüller befasste sich insbesondere mit dem [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen]] Phasenübergang und der Natur der Materie-Antimaterie-Asymmetrie, Neutrinophysik, der Natur [[Dunkle Materie|dunkler Materie]] und allgemein dem als Astro-Teilchenphysik bezeichneten Forschungsgebiet aus der Schnittstelle von Elementarteilchenphysik und Kosmologie.
Buchmüller befasste sich insbesondere mit dem [[Elektroschwache Wechselwirkung|elektroschwachen]] Phasenübergang und der Natur der Materie-Antimaterie-Asymmetrie, Neutrinophysik, der Natur [[Dunkle Materie|dunkler Materie]] und allgemein dem als Astro-Teilchenphysik bezeichneten Forschungsgebiet aus der Schnittstelle von Elementarteilchenphysik und Kosmologie.


Seit längerem ist bekannt, dass die zum Beispiel beim Zerfall von [[K-Meson]]en und [[B-Meson]]en beobachtete [[CP-Verletzung]] nicht als Erklärung der beobachteten Materie-Antimaterie Asymmetrie ausreicht. Ab den 1990er Jahren favorisierte Buchmüller mit Kollegen ein Modell der Materieentstehung aus dem asymmetrischen Zerfall von in [[Große Vereinheitlichte Theorie|GUT]]s vorhergesagten schweren „sterilen“ <ref>das heißt, sie wechselwirken weder elektroschwach noch stark</ref> [[Majorana-Fermion|Majorana-Neutrinos]], die zunächst zu einer Asymmetrie bei Leptonen ([[Leptogenese]]) und dann über den sogenannten [[Sphaleron]]-Prozess (verursacht durch nichtstörungstheoretische topologische Strukturen in den nichtabelschen Eichtheorien der GUTs<ref>wobei das Sphaleron bei höheren Temperaturen auftritt, wo die Energie den Höhen der [[Potentialbarriere]]n zwischen den Vakua entspricht, im Gegensatz zu Tunnellösungen ([[Instanton]]en) mit niedrigeren Energien. Die Skala der Sphaleron-Energie wird mit etwa 10 TeV angenommen. In der QCD könnten ähnliche topologische Effekte (mit Auswirkung auf die Axial-Anomalie) aber schon bei sehr viel geringerer Energie (QCD) beobachtet werden (10 GeV)</ref>) auch bei Baryonen führt.<ref>[http://arxiv.org/pdf/hep-ph/0209301v1 Zu Buchmüllers Arbeiten zur CP Verletzung 2002: "A bound on neutrino masses from baryogenesis"], die Vorhersage der Neutrinomassen ist in: [http://de.arxiv.org/abs/hep-ph/0209301 Buchmüller, Plümacher, Di Bari ''A bound for the neutrino mass from baryogenesis'', Physics Letters B, Bd. 547, 2002, S. 128]. Ähnliche Modelle (mit SO(10)-GUT) wurden schon von [http://de.arxiv.org/abs/hep-ph/9608308 Buchmüller, Plümacher ''Baryon asymmetry and neutrino mixing'', Physics Letters, B, Bd. 389, 1996, S. 73], untersucht</ref> Das Modell sagt auch Neutrinomassen voraus (mit einer Obergrenze von 0,12 eV). Die Modelle werden von Buchmüller und seiner Theoriegruppe am DESY detailliert untersucht. Als Kandidaten dunkler Materie untersuchte er [[Gravitino]]s und mögliche Signale ihres Zerfalls für Beobachtungen in der Gammastrahlenastronomie.<ref>[http://de.arxiv.org/abs/0910.1870 Buchmüller ''Gravitino Dark Matter'', Talk, Susy 09]</ref>
Seit längerem ist bekannt, dass die zum Beispiel beim Zerfall von [[K-Meson]]en und [[B-Meson]]en beobachtete [[CP-Verletzung]] nicht als Erklärung der beobachteten Materie-Antimaterie Asymmetrie ausreicht. Ab den 1990er Jahren favorisierte Buchmüller mit Kollegen ein Modell der Materieentstehung aus dem asymmetrischen Zerfall von in [[Große Vereinheitlichte Theorie|GUTs]] vorhergesagten schweren „sterilen“<ref>das heißt, sie wechselwirken weder elektroschwach noch stark</ref> [[Majorana-Fermion|Majorana-Neutrinos]], die zunächst zu einer Asymmetrie bei Leptonen ([[Leptogenese]]) und dann über den sogenannten [[Sphaleron]]-Prozess (verursacht durch nichtstörungstheoretische topologische Strukturen in den nichtabelschen Eichtheorien der GUTs<ref>wobei das Sphaleron bei höheren Temperaturen auftritt, wo die Energie den Höhen der [[Potentialbarriere]]n zwischen den Vakua entspricht, im Gegensatz zu Tunnellösungen ([[Instanton]]en) mit niedrigeren Energien. Die Skala der Sphaleron-Energie wird mit etwa 10 TeV angenommen. In der QCD könnten ähnliche topologische Effekte (mit Auswirkung auf die Axial-Anomalie) aber schon bei sehr viel geringerer Energie (QCD) beobachtet werden (10 GeV)</ref>) auch bei Baryonen führt.<ref>Zu Buchmüllers Arbeiten zur CP Verletzung 2002: ''A bound on neutrino masses from baryogenesis''. ({{arXiv|hep-ph/0209301v1}}), die Vorhersage der Neutrinomassen ist in: Buchmüller, Plümacher, Di Bari: ''A bound for the neutrino mass from baryogenesis''. In: ''Physics Letters'',  B, Band 547, 2002, S. 128, {{arXiv|hep-ph/0209301}}. Ähnliche Modelle (mit SO(10)-GUT) wurden schon von Buchmüller, Plümacher: ''Baryon asymmetry and neutrino mixing''. In: ''Physics Letters'', B, Band 389, 1996, S. 73, {{arXiv|hep-ph/9608308}}, untersucht</ref> Das Modell sagt auch Neutrinomassen voraus (mit einer Obergrenze von 0,12 eV). Die Modelle wurden von Buchmüller und seiner Theoriegruppe am DESY detailliert untersucht. Als Kandidaten dunkler Materie untersuchte er [[Gravitino]]s und mögliche Signale ihres Zerfalls für Beobachtungen in der Gammastrahlenastronomie.<ref>Buchmüller: ''Gravitino Dark Matter''. Talk, Susy 09, {{arXiv|0910.1870}} </ref>


Er ist Mitherausgeber des Journal of Cosmology and Astroparticle Physics. Seit 2005 ist er Sprecher des Virtuellen Instituts Particle Cosmology (VIPAC) der Helmholtz-Gemeinschaft, das in Deutschland Zentrum der Förderung der Astroteilchenphysik sein soll und von Arbeitsgruppen der Universitäten Bonn, Heidelberg, München sowie des DESY gegründet wurde.<ref>[http://www.helmholtz.de/fileadmin/user_upload/_hermann/0905_hermann/hermann_MAI_2009_web.pdf Mitteilung des Helmholtz-Instituts Mai 2009]</ref> 2007 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften in Hamburg]] gewählt.
Von ihm, Rückl und Wyler stammt die BRW-Klassifizierung von [[Leptoquark]]s.
 
Er ist Mitherausgeber des Journal of Cosmology and Astroparticle Physics. Seit 2005 ist er Sprecher des Virtuellen Instituts Particle Cosmology (VIPAC) der Helmholtz-Gemeinschaft, das in Deutschland Zentrum der Förderung der Astroteilchenphysik sein soll und von Arbeitsgruppen der Universitäten Bonn, Heidelberg, München sowie des DESY gegründet wurde.<ref>[https://www.helmholtz.de/fileadmin/user_upload/_hermann/0905_hermann/hermann_MAI_2009_web.pdf Mitteilung des Helmholtz-Instituts Mai 2009] (PDF; 304&nbsp;kB) </ref> 2007 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der [[Akademie der Wissenschaften in Hamburg]] gewählt.


== Schriften ==
== Schriften ==
* ''Die Struktur des Vakuums und der Ursprung der Materie'', in: ''Physik in unserer Zeit'', Bd. 29, 1996, Heft 5, S. 211
* ''Die Struktur des Vakuums und der Ursprung der Materie''. In: ''Physik in unserer Zeit'', Band 29, 1996, Heft 5, S. 211
* [http://de.arxiv.org/abs/0710.5857 ''Baryogenesis – 40 years later'', PASCOS 2007]
* ''Baryogenesis – 40 years later'', PASCOS 2007, {{arXiv|0710.5857}}
* Buchmüller, [[Roberto Peccei]], [[Tsutomo Yanagida]]: ''Leptogenesis as the origin of matter'', in: ''Annual Review of Particle and Nuclear Physics'', Bd. 55, 2005, S. 311–355
* Wilfried Buchmüller, [[Roberto Peccei]], [[Tsutomu Yanagida]]: ''Leptogenesis as the origin of matter''. In: ''Annual Review of Particle and Nuclear Physics'', Band 55, 2005, S. 311–355


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.awhamburg.de/mitglieder/ordentliche-mitglieder/detail/wilfried-buchmueller.html Seite der Akademie der Wissenschaften, Hamburg]
* [https://www.awhamburg.de/forschung/arbeitsgruppen/prof.-dr.-wilfried-buchmueller.html Seite] der Akademie der Wissenschaften, Hamburg
* [http://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/teilchenkosmologie/ Buchmüller: „Teilchenkosmologie'“, Welt der Physik Webseite der DPG]
* Buchmüller: [https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/bausteine/teilchenkosmologie/ ''Teilchenkosmologie.''] Welt der Physik, Webseite der DPG


== Einzelnachweise und Fußnoten ==
== Einzelnachweise und Fußnoten ==
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Aktuelle Version vom 8. Januar 2022, 17:36 Uhr

Wilfried Buchmüller (* 1950) ist ein deutscher theoretischer Elementarteilchenphysiker.

Leben

Buchmüller studierte Physik an der Universität Bonn und am Imperial College in London. 1977 promovierte er in Bonn und war dann Assistent in Bonn, an der Cornell University, am Fermilab, am Max-Planck-Institut für Physik in München und 1984 bis 1986 am CERN. Von 1986 bis 1990 war er Professor an der Universität Hannover und danach Leitender Wissenschaftler am DESY und seit 1992 Professor an der Universität Hamburg. Er war unter anderem Gastprofessor an der University of California, Santa Barbara und 1992 bis 1998 Adjunct Professor an der Nordita in Kopenhagen.

Buchmüller befasste sich insbesondere mit dem elektroschwachen Phasenübergang und der Natur der Materie-Antimaterie-Asymmetrie, Neutrinophysik, der Natur dunkler Materie und allgemein dem als Astro-Teilchenphysik bezeichneten Forschungsgebiet aus der Schnittstelle von Elementarteilchenphysik und Kosmologie.

Seit längerem ist bekannt, dass die zum Beispiel beim Zerfall von K-Mesonen und B-Mesonen beobachtete CP-Verletzung nicht als Erklärung der beobachteten Materie-Antimaterie Asymmetrie ausreicht. Ab den 1990er Jahren favorisierte Buchmüller mit Kollegen ein Modell der Materieentstehung aus dem asymmetrischen Zerfall von in GUTs vorhergesagten schweren „sterilen“[1] Majorana-Neutrinos, die zunächst zu einer Asymmetrie bei Leptonen (Leptogenese) und dann über den sogenannten Sphaleron-Prozess (verursacht durch nichtstörungstheoretische topologische Strukturen in den nichtabelschen Eichtheorien der GUTs[2]) auch bei Baryonen führt.[3] Das Modell sagt auch Neutrinomassen voraus (mit einer Obergrenze von 0,12 eV). Die Modelle wurden von Buchmüller und seiner Theoriegruppe am DESY detailliert untersucht. Als Kandidaten dunkler Materie untersuchte er Gravitinos und mögliche Signale ihres Zerfalls für Beobachtungen in der Gammastrahlenastronomie.[4]

Von ihm, Rückl und Wyler stammt die BRW-Klassifizierung von Leptoquarks.

Er ist Mitherausgeber des Journal of Cosmology and Astroparticle Physics. Seit 2005 ist er Sprecher des Virtuellen Instituts Particle Cosmology (VIPAC) der Helmholtz-Gemeinschaft, das in Deutschland Zentrum der Förderung der Astroteilchenphysik sein soll und von Arbeitsgruppen der Universitäten Bonn, Heidelberg, München sowie des DESY gegründet wurde.[5] 2007 wurde er zum Ordentlichen Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Hamburg gewählt.

Schriften

  • Die Struktur des Vakuums und der Ursprung der Materie. In: Physik in unserer Zeit, Band 29, 1996, Heft 5, S. 211
  • Baryogenesis – 40 years later, PASCOS 2007, arxiv:0710.5857
  • Wilfried Buchmüller, Roberto Peccei, Tsutomu Yanagida: Leptogenesis as the origin of matter. In: Annual Review of Particle and Nuclear Physics, Band 55, 2005, S. 311–355

Weblinks

Einzelnachweise und Fußnoten

  1. das heißt, sie wechselwirken weder elektroschwach noch stark
  2. wobei das Sphaleron bei höheren Temperaturen auftritt, wo die Energie den Höhen der Potentialbarrieren zwischen den Vakua entspricht, im Gegensatz zu Tunnellösungen (Instantonen) mit niedrigeren Energien. Die Skala der Sphaleron-Energie wird mit etwa 10 TeV angenommen. In der QCD könnten ähnliche topologische Effekte (mit Auswirkung auf die Axial-Anomalie) aber schon bei sehr viel geringerer Energie (QCD) beobachtet werden (10 GeV)
  3. Zu Buchmüllers Arbeiten zur CP Verletzung 2002: A bound on neutrino masses from baryogenesis. (arxiv:hep-ph/0209301v1), die Vorhersage der Neutrinomassen ist in: Buchmüller, Plümacher, Di Bari: A bound for the neutrino mass from baryogenesis. In: Physics Letters, B, Band 547, 2002, S. 128, arxiv:hep-ph/0209301. Ähnliche Modelle (mit SO(10)-GUT) wurden schon von Buchmüller, Plümacher: Baryon asymmetry and neutrino mixing. In: Physics Letters, B, Band 389, 1996, S. 73, arxiv:hep-ph/9608308, untersucht
  4. Buchmüller: Gravitino Dark Matter. Talk, Susy 09, arxiv:0910.1870
  5. Mitteilung des Helmholtz-Instituts Mai 2009 (PDF; 304 kB)

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