Temperaturleitfähigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

Temperaturleitfähigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Die '''Temperaturleitfähigkeit''' oder '''Temperaturleitzahl'''<ref>Der Begriff ''Zahl'' sollte vermieden werden, da es sich nicht um eine [[Dimensionslose Größe|dimensionslose]] Verhältniszahl, sondern um eine Größe der Dimension <math>\mathrm{m}^2/\mathrm{s}</math> handelt.</ref> <math>a</math>, gelegentlich auch „'''Wärmediffusivität'''“ (von {{EnS|thermal diffusivity}}), ist eine [[Werkstoff|Material]]eigenschaft, die zur Beschreibung der zeitlichen Veränderung der räumlichen Verteilung der [[Temperatur]] durch [[Wärmeleitung]] als Folge eines Temperaturgefälles dient.
Die '''Temperaturleitfähigkeit''' oder '''Temperaturleitzahl'''<ref>Der Begriff ''Zahl'' sollte vermieden werden, da es sich nicht um eine [[Dimensionslose Größe|dimensionslose]] Verhältniszahl, sondern um eine Größe der Dimension <math>\mathrm{m}^2/\mathrm{s}</math> handelt.</ref> <math>a</math>, gelegentlich auch „'''Wärmediffusivität'''“ (von {{enS|thermal diffusivity}}), ist eine [[Werkstoff|Materialeigenschaft]], die zur Beschreibung der zeitlichen Veränderung der räumlichen Verteilung der [[Temperatur]] durch [[Wärmeleitung]] als Folge eines Temperaturgefälles dient.


Sie ist verwandt mit der [[Wärmeleitfähigkeit]] <math>\lambda</math>, die zur Beschreibung des [[Energie]]transportes dient.
Sie ist verwandt mit der [[Wärmeleitfähigkeit]] <math>\lambda</math>, die zur Beschreibung des [[Energie]]transportes dient.
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:<math>a = \frac{\lambda}{\rho \cdot c}</math>
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:<math>\lambda</math> [[Wärmeleitfähigkeit]]
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:<math>\rho</math> [[Dichte]]
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:<math>c</math> [[spezifische Wärmekapazität]].


Die Temperaturleitfähigkeit hat die SI-[[Maßeinheit|Einheit]] <math>\mathrm{m}^2/\mathrm{s}</math>. Im US-amerikanischen Raum ist auch die Angabe in <math>\mathrm{ft}^2/\mathrm{h}</math> üblich.
Die Temperaturleitfähigkeit hat die SI-[[Maßeinheit|Einheit]] <math>\mathrm{m}^2/\mathrm{s}</math>. Im US-amerikanischen Raum ist auch die Angabe in <math>\mathrm{ft}^2/\mathrm{h}</math> üblich.
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== Wärmeleitungsgleichung ==
== Wärmeleitungsgleichung ==
{{Hauptartikel|Wärmeleitungsgleichung}}
{{Hauptartikel|Wärmeleitungsgleichung}}
Die räumliche und zeitliche Verteilung der Temperatur ''T''('''x''',''t'') in einem Körper lässt sich über das [[Fouriersches Gesetz|Fouriersche Gesetz]] (nach [[Jean Baptiste Joseph Fourier|J. B. J. Fourier]]) und die daraus folgende Wärmeleitungsgleichung berechnen. Sie geht in ersten Überlegungen bereits auf Newton zurück und drückt mathematisch einen einfachen Sachverhalt aus: Die Veränderung des Wärmeinhaltes eines Raumgebietes fließt als Wärmestrom durch dessen Hülle. Oder etwas weniger mathematisch ausgedrückt: Was im Inneren eines Körpers an Wärme verloren geht, fließt als Wärmestrom durch die Oberfläche des Körpers in die Umgebung ab und umgekehrt.
Die räumliche und zeitliche Verteilung der Temperatur <math>T(\vec x,t)</math> in einem Körper lässt sich über das [[Fouriersches Gesetz|Fouriersche Gesetz]] (nach [[Jean Baptiste Joseph Fourier|J. B. J. Fourier]]) und die daraus folgende Wärmeleitungsgleichung berechnen. Sie geht in ersten Überlegungen bereits auf Newton zurück und drückt einen einfachen Sachverhalt aus: Die Veränderung des Wärmeinhaltes eines Raumgebietes fließt als Wärmestrom durch dessen Hülle.


Für isotrope Körper mit inhomogener [[Wärmeleitfähigkeit]] aber konstanter [[Wärmekapazität]] pro Volumen gilt:<ref>John H. Lienhard IV and John H. Lienhard V: A Heat Transfer Textbook, 3rd edition, 2001, S. 55, Gl. 2.10.</ref>
Für [[Isotropie|isotrope]] Körper mit inhomogener Wärmeleitfähigkeit aber konstanter [[Wärmekapazität]] pro Volumen gilt:<ref>John H. Lienhard IV and John H. Lienhard V: A Heat Transfer Textbook, 3rd edition, 2001, S. 55, Gl. 2.10.</ref>
:<math> \frac{\partial T(\vec x,t)}{\partial t}\ = \nabla \left[ a(\vec x,T)\,. \nabla T(\vec x,t) \right] </math>
:<math> \frac{\partial T(\vec x,t)}{\partial t}\ = \nabla \left[ a(\vec x,T)\, \cdot \nabla T(\vec x,t) \right] </math>


In der mathematischen Symbolik bedeuten:
In der mathematischen Symbolik bedeuten:


:'''x''': [[Ortsvektor]] (in der Gleichung symbolisiert durch den Vektorpfeil über der Ortsvariablen ''x'')
:<math>\vec x</math>: [[Ortsvektor]] (symbolisiert durch den Vektorpfeil über der Ortsvariablen <math>x</math>)


:<math>\nabla</math> : [[Nabla-Operator]]. Er ist eine spezielle Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die in unterschiedlicher Weise auf skalare Größen, Vektoren und Operatoren angewendet werden kann.  
:<math>\nabla</math> : [[Nabla-Operator]]: Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die in unterschiedlicher Weise auf skalare Größen, Vektoren und Operatoren angewendet werden kann.


Für homogene, isotrope Medien (also wärmetransportierende Stoffe, die überall gleiche Zusammensetzung zeigen, und die in keine Raumrichtung charakteristisch veränderte Eigenschaften zeigen), vereinfacht sich die Wärmeleitungsgleichung unter Annahme einer von der Temperatur unabhängigen Temperaturleitfähigkeit zu:
Für homogene, isotrope Medien, vereinfacht sich die Wärmeleitungsgleichung unter Annahme einer von der Temperatur unabhängigen Temperaturleitfähigkeit zu:


:<math> \frac{\partial T(\vec x,t)}{\partial t}\ = a \cdot\Delta T(\vec{x},t)</math>.
:<math> \frac{\partial T(\vec x,t)}{\partial t}\ = a \cdot\Delta T(\vec{x},t)</math>.
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In der mathematischen Symbolik bedeutet:
In der mathematischen Symbolik bedeutet:


:'''<math>\Delta</math>''': [[Laplace-Operator]]. Auch er ist eine spezielle Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die hier auf die skalare Größe „Temperatur“ angewendet wird.  
: '''<math>\Delta</math>''': [[Laplace-Operator]]: Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die hier auf die skalare Größe ''Temperatur'' angewendet wird.


Die Differentialgleichung heißt „Wärmeleitungsgleichung“ und beschreibt generell Transportprozesse (wie z.&nbsp;B. [[Diffusion]]sprozesse – worunter man einen Materialtransport auf Grund eines Konzentrationsunterschiedes versteht, oder im Fall der Wärmeleitungsgleichung eben ein „Wandern“ der Temperaturverteilung in einem Körper auf Grund eines Temperaturgefälles). Mathematisch betrachtet ist die Temperaturleitfähigkeit daher der „[[Transportkoeffizient]] des Wärmeleitproblems“. Streng genommen gelten die beiden angegebenen Varianten der Wärmeleitungsgleichung nur so lange keine Fremdeffekte Wärme in den betrachteten Körper einbringen oder aus ihm entfernen. Ist das der Fall, müsste ein sog. Quellterm hinzugefügt werden. Die analytische Lösung dieser Gleichung ist in vielen Fällen nicht möglich. Heute berechnet man technisch relevante Wärmeleitaufgaben mit Hilfe von [[Finite-Elemente-Methode|Finite-Element]]-Programmen. Als Resultat erhält man die zeitliche wie räumliche Temperaturverteilung (Temperaturfeld). Damit kann man z.&nbsp;B. auf das räumliche Ausdehnungsverhalten der Bauteile schließen, das seinerseits wieder den örtlichen Spannungszustand mitbestimmt. So wird die Temperaturfeldrechnung zu einer wichtigen Grundlage für alle technischen Auslegungsaufgaben, bei denen die thermische Bauteilbelastung nicht vernachlässigt werden kann.
Die Differentialgleichung heißt Wärmeleitungsgleichung und beschreibt generell Transportprozesse wie z.&nbsp;B. auch die [[Diffusion]], oder wie hier ein Wandern der Temperaturverteilung in einem Körper auf Grund eines temporären Temperaturgefälles. Mathematisch betrachtet ist die Temperaturleitfähigkeit daher der „[[Transportkoeffizient]] des Wärmeleitproblems“. Die beiden angegebenen Varianten der Wärmeleitungsgleichung gelten nur, wenn keine Wärme im Körper entsteht oder verbraucht wird. Wäre das der Fall, müsste ein sog. Quellterm hinzugefügt werden.
 
== Praktische Anwendung ==
Die analytische Berechnung der instationären Temperaturverteilung ist in vielen Fällen nicht möglich. Wärmeleitprobleme berechnet man daher oft numerisch mit der [[Finite-Elemente-Methode]]. Als Resultat erhält man zeitliche und räumliche Temperaturverteilungen (Temperaturfelder). Damit kann man z.&nbsp;B. auf das räumliche Ausdehnungsverhalten von Bauteilen schließen beziehungsweise den örtlichen [[Eigenspannung]]szustand bestimmen. Daher ist die Temperaturfeldrechnung eine wichtige Grundlage für technische Auslegungsaufgaben, bei denen temporäre thermische Eigenspannungen nicht vernachlässigt werden können.
 
Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Temperaturleitfähigkeit sind Wärmeisolationen, die wechselnden Temperaturgefällen ausgesetzt sind. Das sind zum Beispiel Feuerschutztüren oder Hausisolationen. Die Widerstandsfähigkeit einer Feuerschutztür wird durch die Zeit ausgedrückt, die die Hitze zum Durchdringen der Tür benötigt. Die Tür muss also nicht nur gut Wärme isolieren, sondern der Isolierstoff sollte auch ein geringes Temperaturleitvermögen haben. Ähnlich verhält es sich mit einer Hausisolierschicht, zum Beispiel im Dachbereich gegen Süden: hier kann durch geringes Temperaturleitvermögen einer weniger dicken Isolation erreicht werden, dass keine Erwärmung des Innenraumes bei temporärer Sonneneinstrahlung stattfindet.


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|+Temperaturleitfähigkeit ausgewählter [[Metalle]] bei 20&nbsp;°C
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! Dichte (&rho;)<br />in 10<sup>3</sup>&nbsp;kg·m<sup>−3</sup>
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| style="text-align:left;" | [[Aluminium]] ||2,7||0,888||237||98,8
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|+Temperaturleitfähigkeit ausgewählter [[Nichtmetalle]] bei 20&nbsp;°C
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== Literatur ==
* Ralf Bürgel: ''Handbuch Hochtemperatur-Werkstofftechnik.'' 3. Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-528-23107-1.
* M. ten Bosch: ''Die Wärmeübertragung.'' Ein Lehr- und Nachschlagebuch für den praktischen Gebrauch, dritte Auflage, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1936.


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
*[[Thermodiffusion]]
* [[Thermodiffusion]]
*[[Wärmeeindringkoeffizient]]
* [[Wärmeeindringkoeffizient]]
 
== Weblinks ==
* [http://webdoc.sub.gwdg.de/ebook/tm/2003/tu-berlin/erbas_kemal.pdf Eine universelle Methode zur Bestimmung der Wärmeleitfähigkeit] (abgerufen am 3. Januar 2020)
* [https://www.unibw.de/lrt4/veroeffentlichungen/bzm-heft-1-11.pdf Bestimmung der temperaturund aushärtegradabhängigen Wärmeleitfähigkeit mit Hilfe finiter Volumen gestützter inverser Methoden] (abgerufen am 3. Januar 2020)
* [https://publications.rwth-aachen.de/record/197530/files/4276.pdf Wärme- und Impulstransport in Schlicker-Reaktions-gesinterten Metallschäumen] (abgerufen am 3. Januar 2020)
* [http://gfzpublic.gfz-potsdam.de/pubman/item/escidoc:8538:5/component/escidoc:10491/0113.pdf Der Wärmetransport in kristallinen Gesteinen unter den Bedingungen der kontinentalen Kruste] (abgerufen am 3. Januar 2020)
* [http://zfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_A/5/ZNA-1950-5a-0101.pdf Spezifische Wärme, spezifisches Volumen, Temperatur- und Wärmeleitfähigkeit einiger disubstituierter Benzole und polycyclischer Systeme] (abgerufen am 3. Januar 2020)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Aktuelle Version vom 22. April 2021, 12:58 Uhr

Die Temperaturleitfähigkeit oder Temperaturleitzahl[1] $ a $, gelegentlich auch „Wärmediffusivität“ (von englisch thermal diffusivity), ist eine Materialeigenschaft, die zur Beschreibung der zeitlichen Veränderung der räumlichen Verteilung der Temperatur durch Wärmeleitung als Folge eines Temperaturgefälles dient.

Sie ist verwandt mit der Wärmeleitfähigkeit $ \lambda $, die zur Beschreibung des Energietransportes dient.

Definition und Einheit

Die Temperaturleitfähigkeit ist definiert als:

$ a={\frac {\lambda }{\rho \cdot c}} $

mit

$ \lambda $Wärmeleitfähigkeit
$ \rho $Dichte
$ c $spezifische Wärmekapazität.

Die Temperaturleitfähigkeit hat die SI-Einheit $ \mathrm {m} ^{2}/\mathrm {s} $. Im US-amerikanischen Raum ist auch die Angabe in $ \mathrm {ft} ^{2}/\mathrm {h} $ üblich.

Sie ist eine temperaturabhängige Stoffeigenschaft, da alle zugrundeliegenden Größen temperaturabhängig sind.

Wärmeleitungsgleichung

Die räumliche und zeitliche Verteilung der Temperatur $ T({\vec {x}},t) $ in einem Körper lässt sich über das Fouriersche Gesetz (nach J. B. J. Fourier) und die daraus folgende Wärmeleitungsgleichung berechnen. Sie geht in ersten Überlegungen bereits auf Newton zurück und drückt einen einfachen Sachverhalt aus: Die Veränderung des Wärmeinhaltes eines Raumgebietes fließt als Wärmestrom durch dessen Hülle.

Für isotrope Körper mit inhomogener Wärmeleitfähigkeit aber konstanter Wärmekapazität pro Volumen gilt:[2]

$ {\frac {\partial T({\vec {x}},t)}{\partial t}}\ =\nabla \left[a({\vec {x}},T)\,\cdot \nabla T({\vec {x}},t)\right] $

In der mathematischen Symbolik bedeuten:

$ {\vec {x}} $: Ortsvektor (symbolisiert durch den Vektorpfeil über der Ortsvariablen $ x $)
$ \nabla $ : Nabla-Operator: Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die in unterschiedlicher Weise auf skalare Größen, Vektoren und Operatoren angewendet werden kann.

Für homogene, isotrope Medien, vereinfacht sich die Wärmeleitungsgleichung unter Annahme einer von der Temperatur unabhängigen Temperaturleitfähigkeit zu:

$ {\frac {\partial T({\vec {x}},t)}{\partial t}}\ =a\cdot \Delta T({\vec {x}},t) $.

In der mathematischen Symbolik bedeutet:

$ \Delta $: Laplace-Operator: Differenziervorschrift bezüglich der Ortsableitungen, die hier auf die skalare Größe Temperatur angewendet wird.

Die Differentialgleichung heißt Wärmeleitungsgleichung und beschreibt generell Transportprozesse wie z. B. auch die Diffusion, oder wie hier ein Wandern der Temperaturverteilung in einem Körper auf Grund eines temporären Temperaturgefälles. Mathematisch betrachtet ist die Temperaturleitfähigkeit daher der „Transportkoeffizient des Wärmeleitproblems“. Die beiden angegebenen Varianten der Wärmeleitungsgleichung gelten nur, wenn keine Wärme im Körper entsteht oder verbraucht wird. Wäre das der Fall, müsste ein sog. Quellterm hinzugefügt werden.

Praktische Anwendung

Die analytische Berechnung der instationären Temperaturverteilung ist in vielen Fällen nicht möglich. Wärmeleitprobleme berechnet man daher oft numerisch mit der Finite-Elemente-Methode. Als Resultat erhält man zeitliche und räumliche Temperaturverteilungen (Temperaturfelder). Damit kann man z. B. auf das räumliche Ausdehnungsverhalten von Bauteilen schließen beziehungsweise den örtlichen Eigenspannungszustand bestimmen. Daher ist die Temperaturfeldrechnung eine wichtige Grundlage für technische Auslegungsaufgaben, bei denen temporäre thermische Eigenspannungen nicht vernachlässigt werden können.

Ein weiteres Beispiel für die Bedeutung der Temperaturleitfähigkeit sind Wärmeisolationen, die wechselnden Temperaturgefällen ausgesetzt sind. Das sind zum Beispiel Feuerschutztüren oder Hausisolationen. Die Widerstandsfähigkeit einer Feuerschutztür wird durch die Zeit ausgedrückt, die die Hitze zum Durchdringen der Tür benötigt. Die Tür muss also nicht nur gut Wärme isolieren, sondern der Isolierstoff sollte auch ein geringes Temperaturleitvermögen haben. Ähnlich verhält es sich mit einer Hausisolierschicht, zum Beispiel im Dachbereich gegen Süden: hier kann durch geringes Temperaturleitvermögen einer weniger dicken Isolation erreicht werden, dass keine Erwärmung des Innenraumes bei temporärer Sonneneinstrahlung stattfindet.

Temperaturleitfähigkeit ausgewählter Metalle bei 20 °C

Dichte ρ
(kg/dm3)
spezifische
Wärmekapazität $ c $
(kJ/(kg·K))
Wärmeleit-
fähigkeit λ
(W/(m·K))
Temperatur-
leitfähigkeit a
(mm2/s)
Aluminium 2,7 0,888 237 98,8
Blei 11,34 0,129 35 23,9
Bronze 8,8 0,377 62 18,7
Chrom 6,92 0,44 91 29,9
Cr-Ni-Stahl
(X12CrNi18,8)
7,8 0,5 15 3,8
Eisen 7,86 0,452 81 22,8
Gold 19,26 0,129 316 127,2
Gusseisen 7,8 0,54 42…50 10…12
Stahl (<0,4 % C) 7,85 0,465 45…55 12…15
Kupfer 8,93 0,382 399 117
Magnesium 1,74 1,02 156 87,9
Mangan 7,42 0,473 21 6
Molybdän 10,2 0,251 138 53,9
Natrium 0,97 1,22 133 112
Nickel 8,85 0,448 91 23
Platin 21,37 0,133 71 25
Silber 10,5 0,235 427 173
Titan 4,5 0,522 22 9,4
Wolfram 19 0,134 173 67,9
Zink 7,1 0,387 121 44
Zinn (weiß) 7,29 0,225 67 40,8
Silicium 2,33 0,700 148 87
Temperaturleitfähigkeit ausgewählter Nichtmetalle bei 20 °C

Dichte ρ
(kg/dm3)
spezifische
Wärmekapazität $ c $
(kJ/(kg·K))
Wärmeleit-
fähigkeit λ
(W/(m·K))
Temperatur-
leitfähigkeit a
(mm2/s)
Acrylglas (Plexiglas) 1,18 1,44 0,184 0,108
Asphalt 2,12 0,92 0,70 0,36
Beton 2,4 0,88 2,1 0,994
Eis (0 °C) 0,917 2,04 2,25 1,203
Erdreich (grobkiesig) 2,04 1,84 0,52 0,14
Sandboden (trocken) 1,65 0,80 0,27 0,20
Sandboden (feucht) 1,75 1,00 0,58 0,33
Tonboden 1,45 0,88 1,28 1,00
Fensterglas 2,48 0,70 0,87 0,50
Spiegelglas 2,70 0,80 0,76 0,35
Quarzglas 2,21 0,73 1,40 0,87
Glaswolle 0,12 0,66 0,046 0,58
Gips 2,2 bis 2,4 1,09 0,51 0,203
Granit 2,75 0,89 2,9 1,18
Kohlenstoff (Graphit) 2,25 0,709 119…165 74…103
Korkplatten 0,19 1,88 0,041 0,115
Marmor 2,6 0,80 2,8 1,35
Mörtel 1,9 0,80 0,93 0,61
Papier 0,7 1,20 0,12 0,14
Polyethylen 0,92 2,30 0,35 0,17
Polytetrafluorethylen 2,20 1,04 0,23 0,10
Polyvinylchlorid 1,38 0,96 0,15 0,11
Porzellan (95 °C) 2,40 1,08 1,03 0,40
Schwefel 1,96 0,71 0,269 0,193
Steinkohle 1,35 1,26 0,26 0,15
Tannenholz (radial) 0,415 2,72 0,14 0,12
Verputz 1,69 0,80 0,79 0,58
Ziegelstein 1,6…1,8 0,84 0,38…0,52 0,28…0,34
Luft 0,0013 1,01 0,026 20
Wasser 1,0 4,18 0,6 0,14

Literatur

  • Ralf Bürgel: Handbuch Hochtemperatur-Werkstofftechnik. 3. Auflage. Friedrich Vieweg & Sohn Verlag, Wiesbaden 2006, ISBN 978-3-528-23107-1.
  • M. ten Bosch: Die Wärmeübertragung. Ein Lehr- und Nachschlagebuch für den praktischen Gebrauch, dritte Auflage, Springer Verlag, Berlin / Heidelberg 1936.

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Der Begriff Zahl sollte vermieden werden, da es sich nicht um eine dimensionslose Verhältniszahl, sondern um eine Größe der Dimension $ \mathrm {m} ^{2}/\mathrm {s} $ handelt.
  2. John H. Lienhard IV and John H. Lienhard V: A Heat Transfer Textbook, 3rd edition, 2001, S. 55, Gl. 2.10.

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