„Spin“ einer Nanoschallwelle erstmals in Echtzeit nachgewiesen

„Spin“ einer Nanoschallwelle erstmals in Echtzeit nachgewiesen

Physik-News vom 29.07.2021
 

Einem deutsch-amerikanischen Forscherteam ist es gelungen, die rollende Bewegung einer Nanoschallwelle nachzuweisen. Diese hatter der Physiker und Nobelpreisträger Lord Rayleigh 1885 vorhergesagt.

Einem deutsch-amerikanischen Forscherteam aus Augsburg, Münster, Edmonton, West Lafayette und München ist es gelungen, die rollende Bewegung einer Nanoschallwelle nachzuweisen, die der berühmte Physiker und Nobelpreisträger Lord Rayleigh 1885 vorhersagte. In einer in der Fachzeitschrift "Science Advances" veröffentlichten Studie verwenden die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen Nanodraht, in dessen Inneren Elektronen durch den "Spin" der Schallwelle auf Kreisbahnen gezwungen werden. Dieses nun nachgewiesene Phänomen kann beispielsweise in akustischen Quantentechnologien oder in sogenannten phononischen Bauelementen, mit denen sich die Ausbreitung akustischer Wellen kontrollieren lässt, gezielt verwendet werden.


So sieht ein Künstler Schallwellen.

Publikation:


M. M. Sonner, F. Koshrawi, L. Janker, D. Rudolph, G. Koblmüller, Z. Jacob, H. J. Krenner
Ultrafast electron cycloids driven by the transverse spin of a surface acoustic wave
Science Advances 7

DOI: 10.1126/sciadv.abf7414



Schallwellen sind wahre Tausendsassa in der modernen Nanophysik, da sie nahezu jedes andere System beeinflussen können. Beispielsweise sorgen winzige mikroakustische Chips in Computern, Smartphones oder Tablets dafür, dass die empfangenen "Wireless"-Funksignale elektronisch weiterverarbeitet werden. Trotz vielseitiger Einsatzgebiete verstehen selbst Experten die grundlegenden Eigenschaften der Nanoschallwellen immer noch nicht vollständig.

"Seit Lord Rayleighs bahnbrechender Arbeit war klar, dass es Schallwellen gibt, die sich an der Oberfläche von Festkörpern ausbreiten und die eine ganz charakteristische elliptische, rollende Bewegung aufweisen," erläutert Physik-Professor Dr. Hubert Krenner, der die Studie an der Universität Augsburg leitete und jüngst an die Westfälische Wilhelms-Universität (WWU) Münster wechselte. "Die direkte Beobachtung dieses transversalen Spins, wie wir Physiker diese Bewegung nennen, ist uns nun bei Nanoschallwellen endlich gelungen."


Darstellung des Spins einer Nanoschallwelle in einem Nanodraht auf einem piezoelektrischen Kristall. Kleine Pfeile: Richtung und Stärke des gyrierenden elektrischen Feldes; große Pfeile: Ausbreitungsrichtung und transversaler Spin.

In ihrer Studie verwendeten die Forscher einen hauchdünnen Nanodraht, der auf einen piezoelektrischen KristallLithiumniobat – aufgebracht wurde. Dieser Kristall verformt sich beim Anlegen einer elektrischen Spannung. So kann mit kleinen Metallelektroden, sogenannten Schallwandlern, eine Schallwelle auf dem Kristall erzeugt werden. Umgekehrt erzeugt die Schallwelle ein elliptisch rotierendes (gyrierendes) elektrisches Feld. Dieses zwingt wiederum die Elektronen im Nanodraht auf Kreisbahnen. Prof. Zubin Jacob, der an der Purdue University forscht, ist begeistert: "Wir kannten dieses Phänomen bis jetzt für Licht. Nun ist es uns gelungen zu zeigen, dass dies ein fundamentaler Effekt ist, der auch bei anderen Arten von Wellen wie Schall in einem technologisch so relevanten Material wie Lithiumniobat auftritt."

Die vorgestellten Forschungsergebnisse sind ein Meilenstein, da der erstmals beobachtete transversale Spin gezielt zur Kontrolle von Nanosystemen oder für die Informationsübertragung verwendet werden kann. Maximilian Sonner, Doktorand am Augsburger Physikinstitut, erläutert: "Wir beobachten die Bewegung von Elektronen in den an der TU München hergestellten Nanodrähten durch das von den Elektronen abgestrahlte Licht." Seine Kollegin Dr. Lisa Janker ergänzt: "Wir verwenden hier ein extrem schnelles Stroboskop, mit dem wir in der Lage sind, diese Bewegung auch bei hohen Frequenzen bis in den Gigahertz-Bereich quasi in Echtzeit zu beobachten."

Dr. Farhad Khosravi, der seine Doktorarbeit vor Kurzem in der Arbeitsgruppe von Zubin Jacob abgeschlossen hat, sagt: "Ich konnte meine Berechnungen für Licht direkt auf die Rayleigh-Schallwelle übertragen. Es war zwar seit Langem bekannt, dass Licht und Schallwellen ähnliche Eigenschaften besitzen. Nichtsdestotrotz ist die Übereinstimmung phänomenal."

Die Forscher sind überzeugt, dass deshalb ein ganz fundamentales physikalisches Prinzip zugrunde liegt. "Unsere Arbeit ist nur ein erster, aber entscheidender Schritt," unterstreicht Hubert Krenner. Das Team forscht mit Hochdruck daran, den transversalen Spin von Schallwellen mit dem anderer Wellen zu koppeln. "Nun gilt es", sagt Zubin Jacob, "diesen transversalen akustischen Spin gezielt auszunutzen, um mit ihm beispielsweise optische Quantensysteme oder den Spin von Licht zu manipulieren."



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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