Von 0 auf 1 in einer billionstel Sekunde

Von 0 auf 1 in einer billionstel Sekunde

Physik-News vom 15.05.2019
 

Internationales Forscherteam legt Fundament für hocheffiziente magnetische Datenspeicherung mittels kurzer Lichtimpulse.

Ein präzise dosierter und extrem kurzer Schubs aus Licht hat es Regensburger Physikern erlaubt, einen Elementarmagneten eines Festkörpers – den Spin eines Elektrons – effizienter und schneller denn je umzudrehen. Damit haben sie einen wichtigen Schritt hin zu einer neuartigen, nahezu verlustfreien Informationstechnologie gemacht. Die Forscher berichten über ihre Ergebnisse in der kommenden Ausgabe der renommierten Fachzeitschrift „Nature“.


Mit Hilfe von kurzen Lichtblitzen lassen sich Spins innerhalb weniger Pikosekunden nahezu verlustfrei von einem stabilen Zustand (roter Pfeil) in einen neuen (weißer Pfeil) lenken.

Publikation:


S. Schlauderer, C. Lange, S. Baierl, T. Ebnet, C. P. Schmid, D. C. Valovcin, A. K. Zvezdin, A. V. Kimel, R. V. Mikhaylovskiy, and R. Huber
Temporal and spectral fingerprint of ultrafast all-coherent spin switching
Nature (2019)

DOI: 10.1038/s41586-019-1174-7



Trotz der rasant wachsenden Nachfrage nach immer schnellerer Elektronik stagnieren die Taktraten moderner Computer seit Jahren. Grund dafür ist vor allem, dass hohe Verarbeitungsgeschwindigkeiten in Rechnern zu massiver Wärmeentwicklung führen. Mittlerweile sind Rechenzentren für nahezu fünf Prozent des weltweiten Stromverbrauchs verantwortlich. Aktuelle Speichertechnologien halten die binären Informationen („0“ und „1“) anhand der Orientierung winziger magnetischer Kompassnadeln – sogenannter Spins – fest, welche durch einen magnetischen Schreibkopf gelesen und geschrieben werden können. Die geringe Effizienz dieses Ansatzes begrenzt die maximal erreichbaren Datentransferraten auf derzeit etwa eine Milliarde (109) Bits pro Sekunde. Vor diesem Hintergrund klingt es schon fast wie ein Traum, dass die Gesetze der Physik es grundsätzlich nicht verbieten, Daten viel schneller und nahezu ohne Energieverlust zu speichern.

Diese Hoffnung experimentell zu bestätigen, war das Ziel des Forscherteams um Prof. Dr. Rupert Huber und Priv.-Doz. Dr. Christoph Lange vom Institut für Experimentelle und Angewandte Physik der Universität Regensburg sowie Dr. Rostislav Mikhaylovskiy und Prof. Alexey Kimel von der Radboud Universität in Nijmegen (Niederlande). Die Kernidee bestand darin, mit ultrakurzen Lichtblitzen Spins plötzlich auszulenken, um sie von einem stabilen Zustand so schnell in einen anderen zu schalten, dass sie keine Wärme erzeugen können. Wählt man hierbei Lichtblitze im niederenergetischen infraroten Spektralbereich, dem sogenannten Terahertzbereich, so sollte dies besonders energieeffizient funktionieren.

Selbst mit den stärksten Terahertz-Strahlungsquellen stieß man aber bislang immer an Grenzen. „Man konnte die Spins zwar seit ein paar Jahren ein bisschen taumeln lassen, ihnen aber keinen derart heftigen Kick verpassen, dass sie sich komplett umdrehen“, erklärt Stefan Schlauderer, Erstautor der Publikation. Deshalb haben sich die Regensburger Physiker nun eines Tricks bedient. „Wir haben eine kleine, goldene Antenne gebaut, um die Strahlung zusätzlich zu bündeln. Die Antenne ist etwa 70 Mikrometer lang und macht die Strahlung lokal so stark, dass sie ausreicht, um die Spins umzuschalten“, erzählt Dr. Lange. So konnten die Wissenschaftler die Ausrichtung der Elementarmagneten innerhalb weniger Pikosekunden (Millionstel einer Millionstel Sekunde) umschalten, wobei dazu lediglich die Energie eines einzelnen Terahertz-Lichtquants – eines Photons – pro Spin nötig war.

Damit übertreffen sie die Geschwindigkeit bestehender Technologien nicht nur tausendfach, sondern stellen auch einen neuen Rekord in der Energieeffizienz auf. Mehr noch: „Durch die punktgenau dosierte Energiemenge läuft die Bewegung der Spins praktisch ungestört ab, sodass sich sogar Perspektiven für Quanteninformationsverarbeitung ergeben könnten“, so Dr. Lange. Diese Erkenntnisse legen den Grundstein für eine neue Generation der Informationstechnologie, die nicht nur eine maximal effiziente sondern auch ultimativ schnelle Datenspeicherung ermöglicht.


Diese Newsmeldung wurde mit Material idw erstellt


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