Unsichtbares sichtbar machen

Unsichtbares sichtbar machen

Physik-News vom 02.04.2020
 

Verschränkte Lichtteilchen lassen sich nutzen, um Bildgebungs- und Messverfahren zu verbessern. Ein Forscherteam am Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF in Jena hat eine Quantenimaging-Lösung entwickelt, die in extremen Spektralbereichen und mit weniger Licht genaueste Einblicke in Gewebeproben ermöglichen kann.

Optische Analyseverfahren wie Mikroskopie und Spektroskopie sind in sichtbaren Wellenlängenbereichen schon äußerst effizient. Doch im Infrarot- oder Terahertzbereich stoßen sie an ihre Grenzen. Dabei liegen gerade dort wertvolle Informationen verborgen. Zum Beispiel lassen sich Biosubstanzen wie Proteine, Lipide oder auch andere chemische Elemente anhand ihrer charakteristischen Molekülschwingungen unterscheiden. Diese Schwingungen werden mit Licht im mittleren Infrarot- bis Terahertz-Bereich angeregt und sind mit herkömmlichen Messmethoden nur schwer detektierbar.


Quanten-Imaging-Aufbau für die mikroskopische Untersuchung von Krebszellen.

Publikation:


Britta Widmann
Unsichtbares sichtbar machen
Fraunhofer-Gesellschaft

»Könnte man diese Bewegungen erfassen oder anregen, ließe sich bei Zellproben genau sehen, wie bestimmte Eiweiße, Fette oder andere Stoffe verteilt sind. Zum Beispiel weisen einige Krebsarten eine charakteristische Anreicherung bzw. Exprimierung bestimmter Proteine auf. So könnte die Krankheit effizienter erkannt und bekämpft werden. Auch in der Medikamentenforschung könnte ein genaueres Wissen über die Verteilung von Biosubstanzen große Fortschritte bringen«, ist Quantenforscher Dr. Markus Gräfe vom Fraunhofer IOF überzeugt.

Verschränkte Photonen – gleich und doch anders

Doch wie können Informationen aus diesen extremen Wellenlängenbereichen sichtbar gemacht werden? Dabei hilft den Forschenden der quantenmechanische Effekt der Verschränkung von Photonen. Dadurch kann Licht von verschiedenen Wellenlängen miteinander kombiniert werden. Ein Laserstrahl wird in einem optischen Aufbau durch einen nichtlinearen Kristall geschickt, in dem er sich in zwei miteinander verschränkte Lichtstrahlen aufteilt. Dabei können diese beiden Strahlen – je nach Eigenschaften des Kristalls – ganz unterschiedliche Wellenlängen haben. Trotzdem sind sie durch die Verschränkung miteinander verbunden.

»Während nun der eine Photonenstrahl über Spiegel zum zu detektierenden Objekt im unsichtbaren Infrarotbereich geschickt wird und dort mit der Probe interagiert, wird der Zwillingsstrahl im sichtbaren Spektrum von einer Kamera eingefangen. Da die verschränkten Lichtteilchen die gleiche Information in sich tragen, entsteht ein Bild, obwohl das Licht, das die Kamera erreicht, das eigentliche Objekt nie erreicht hat«, erklärt Gräfe. Der sichtbare Zwilling gibt sozusagen darüber Aufschluss, was mit dem unsichtbaren Zwilling gerade passiert.

Das gleiche Prinzip lässt sich auch im ultravioletten Spektralbereich nutzen. Denn UV-Licht schädigt die Zellen, und so sind lebende Zellproben äußerst lichtempfindlich. Das schränkt die Untersuchungszeit, etwa von Zellprozessen, die Stunden oder länger dauern, erheblich ein. Da bei der Quantenbildgebung weniger Licht und weniger Strahlungsdosis in die Gewebezellen dringt, können diese länger mit hoher Auflösung zerstörungsfrei beobachtet und analysiert werden.

Kleiner Aufbau, winzige Strukturen

» Mit unserem Quantenimaging-Aufbau sind wir in der Lage zu zeigen, dass das ganze komplexe Verfahren stabil, kompakt und portabel realisiert werden kann«, so Gräfe. Aktuell arbeitet das Forscherteam daran, das System noch kompakter auf die Größe eines Schuhkartons zu schrumpfen und auch die Auflösung weiter zu verbessern. Der nächste Schritt soll beispielsweise ein sogenanntes Quantum Scanning Mikroskop sein. Statt das Bild mit einer Weitfeldkamera aufzunehmen, wird es ähnlich einem Laser Scanning Mikroskop abgerastert. Davon versprechen sich die Wissenschaftler noch einmal höhere Auflösungen von unter einem Mikrometer (1µm). Künftig lassen sich damit die Strukturen innerhalb einzelner Zellen noch genauer untersuchen. Eine Zelle ist durchschnittlich zehn Mikrometer groß. Langfristiges Ziel ist es, das Quantenimaging als Basistechnologie in bestehende Mikroskopie-Systeme zu integrieren. Damit sollen die Hürden für Anwender aus der Industrie niedriger werden.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Fraunhofer-Gesellschaft via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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