Exoplanet unter der Lupe

Exoplanet unter der Lupe


Astronomen ist es erstmals gelungen, einen Exoplaneten mit Hilfe interferometrischer Messungen zu untersuchen. Durch die neue Methode konnte die Position des Exoplaneten HR 8799e mit bis dahin nie erreichter Genauigkeit vermessen werden. Auch das Spektrum des Planeten konnte so genau aufgenommen werden wie nie zuvor – wichtig für die zukünftige Suche nach Leben auf anderen Planeten. Die Messungen, an denen auch Astronomen des Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) beteiligt waren, gelangen mit dem Instrument GRAVITY am Paranal-Observatorium der ESO.

Exoplaneten im Detail und ohne störende Einflüsse zu untersuchen ist schwierig. Ganz allgemein wird es mit zunehmender Entfernung immer schwieriger, feine Details eines Objekts abzubilden. Bei Exoplaneten kommt hinzu, dass sie typischerweise von ihrem deutlich helleren Stern überstrahlt werden. Jetzt konnte eine Forschergruppe unter der Leitung von Sylvestre Lacour vom Observatoire de Paris, zu der auch Forscherinnen und Forscher des MPIA gehören, eine neue Untersuchungsmethode demonstrieren, die einige dieser Probleme umgeht und damit einen neuartigen Blick auf Exoplaneten ermöglicht.


Exoplanet HR 8799 e konnte mit Hilfe der neuen Technik getrennt vom Mutterstern HR 8799 spektroskopiert werden (künstlerische Darstellung).

Publikation:


GRAVITY Collaboration: Lacour et al.
First direct detection of an exoplanet by optical interferometry – Astrometry and K-band spectroscopy of HR 8799 e
Astronomy & Astrophysics, 623, L11 (2019)

DOI: 10.1051/0004-6361/201935253



Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Instrument GRAVITY am Very Large Telescope Interferometer (VLTI) der Europäischen Südsternwarte am Observatorium'>Paranal-Observatorium in Chile, das 2016 in Betrieb genommen wurde. GRAVITY kann mithilfe sogenannter Interferometrie das Licht mehrerer Teleskope zu einem gemeinsamen Bild kombinieren. Im Zusammenspiel der vier 8-Meter-Teleskope des Very Large Telescope (VLT) lassen sich auf diese Weise Details sichtbar machen, wie sie ein Einzelteleskop nur mit rund 100 Metern Spiegeldurchmesser liefern könnte.

Die jetzt veröffentlichten Beobachtungen des Exoplaneten HR 8799e demonstrieren erstmals, welches Potenzial interferometrische Beobachtungen für die Untersuchung von Exoplaneten besitzen. Das Zielobjekt, HR 8799e, gehört zu den vergleichsweise wenigen (rund 120 aus 4000) Exoplaneten, von denen direkte Abbildungen existieren. Die allermeisten Exoplaneten konnten bislang nur indirekt nachgewiesen werden. HR 8977e ist Teil eines jungen Fünf-Körper-Systems, knapp 130 Lichtjahre von uns entfernt, welches aus dem Stern HR 8799 und bislang vier nachgewiesenen Planeten besteht. Bei den Planeten handelt es sich um Gasplaneten mit der 5- bis 10fachen Masse des Jupiter.

Von den vier Planeten ist HR 8799e derjenige mit der geringsten Entfernung zum Stern. Dieser Umstand machte es bisher umso schwieriger, den Planeten und den Stern in Teleskopbeobachtungen sauber auseinanderzuhalten. Insbesondere ist die Strahlung des Sterns rund 20.000 Mal größer als die des Exoplaneten – der Planet wird regelrecht überstrahlt. Durch die geringe Entfernung ist der Störfaktor des Sterns besonders groß.

GRAVITY konnte nun viel schärfere Bilder des Exoplaneten liefern als seine Vorgängerinstrumente. Mithilfe dieser hochauflösenden Bilder konnte die Entfernung des Sterns zum Planeten zehn Mal genauer als zuvor ermittelt werden. Das erlaubt bereits jetzt eine genauere Bestimmung der Umlaufbahn des Planeten, die den neuen Messungen nach leicht gegen die Bahnebene der anderen Planeten des HR 8799-Systems geneigt zu sein scheint.

Das neue Verfahren erlaubt es auch, das Licht des Planeten besonders trennscharf vom Licht des Sterns zu unterscheiden – deutlich besser als mit herkömmlichen Methoden, die versuchen, das Licht des Zentralsterns mithilfe einer Maske abzublocken („Koronografie“). Damit ließ sich insbesondere das Spektrum von HR 8799e ungleich genauer bestimmen als bisher. Das Spektrum zeigte: Die Atmosphäre des mit einem Alter von 30 Millionen Jahren relativ jungen Gasplaneten ist mit einer Temperatur von etwa 880 °C (1150 K) noch relativ heiß. Und das Spektrum barg eine Überraschung: Dr. Silvia Scheithauer vom MPIA, die an GRAVITY beteiligt ist, sagt: „Ausgehend von unserem eigenen Sonnensystem, würde man bei einem Gasplaneten mit dieser Temperatur große Mengen an Methan in der Atmosphäre erwarten. Überraschenderweise enthält die Atmosphäre von HR 8799e aber kaum Methan, aber dafür große Mengen an Kohlenmonoxid!“ Dies zeigt einmal mehr, dass die Astronomen noch viel über die Planetenentstehung lernen müssen – und auch, wie wichtig die Spektroskopie von Exoplaneten-Atmosphären für den weiteren Erkenntnisfortschritt sein dürfte.

Derzeit planen die Astronomen langfristige Folgebeobachtungen mit GRAVITY. Die sollten eine so genaue Rekonstruktion der Bahn von HR 8799e ermöglichen, dass dann (erstmals in einem räumlich aufgelösten Exoplanetensystem!) nicht nur der Gravitationseinfluss des Zentralsterns, sondern auch die gegenseitige Anziehung der Gasplaneten messbar wird. Daraus werden sich die Massen der vier Gasplaneten genauer bestimmen lassen. Nach derzeitigen Schätzungen benötigt HR 8799e zwischen 40 und 50 Jahren, um einmal um seinen Stern zu laufen.

Die neuen Beobachtungen sind auch im Hinblick auf die zukünftige Suche nach den Spuren von Leben im Universum von Interesse. Die Suchstrategien der Astronomen laufen darauf hinaus, im Spektrum der Atmosphäre eines Exoplaneten Spuren von Leben nachzuweisen. Die jetzt gelungene Beobachtung zeigt eine Möglichkeit dafür auf, derartige Spektren in Zukunft mit größerer Genauigkeit aufzunehmen.

Hintergrundinformationen

Die hier beschriebenen Ergebnisse sind veröffentlicht in GRAVITY Collaboration, S. Lacour et al. 2019, „First direct detection of an exoplanet by optical interferometry“ in der Fachzeitschrift Astronomy and Astrophysics.

Die beteiligten Forscher des MPIA sind Wolfgang Brandner, Rebeca Garcia Lopez, Thomas Henning, Stefan Hippler, Sarah Kendrew, Rainer Lenzen, Anne-Lise Maire, Joel Sanchez-Bermudez und Silvia Scheithauer, im Rahmen der GRAVITY-Collaboration.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt


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