Exoplanet mit lediglich der halben Masse der Venus aufgespürt

Exoplanet mit lediglich der halben Masse der Venus aufgespürt

Physik-News vom 05.08.2021
 

Eine Gruppe von Astronomen hat mit dem Very Large Telescope (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile neue Erkenntnisse über Planeten um den nahen Stern L 98-59 gewonnen, die denen des inneren Sonnensystems ähneln. Zu den Entdeckungen gehört ein Planet mit der halben Masse der Venus - der leichteste Exoplanet, der je mit der Radialgeschwindigkeitsmethode gemessen wurde. Zusätzlich befindet sich in dem Planetensystem eine Wasserwelt und ein weiterer möglicher Planet in der sogenannten habitablen Zone.

„Der Planet in der bewohnbaren Zone könnte eine Atmosphäre haben, die Leben schützen und ermöglichen könnte“, sagt María Rosa Zapatero Osorio, Astronomin am Zentrum für Astrobiologie in Madrid, Spanien, und eine der Autorinnen der heute in Astronomy & Astrophysics veröffentlichten Studie.

Die Ergebnisse sind ein wichtiger Schritt auf der Suche nach Leben auf erdgroßen Planeten außerhalb des Sonnensystems. Die Entdeckung von Biosignaturen auf einem Exoplaneten hängt von der Fähigkeit ab, seine Atmosphäre zu untersuchen, aber die derzeitigen Teleskope sind nicht groß genug, um die für kleine Gesteinsplaneten erforderliche Auflösung zu erreichen. Das neu untersuchte Planetensystem, das nach seinem Stern L 98-59 benannt ist, ist ein attraktives Ziel für zukünftige Beobachtungen von Exoplanetenatmosphären. Es umkreist einen nur 35 Lichtjahre entfernten Stern und beherbergt nach bisherigen Erkenntnissen Gesteinsplaneten wie die Erde oder die Venus, die dem Stern nahe genug sind, um warm zu sein.


Künstlerische Darstellung des Planetensystems L 98-59.

Publikation:


Olivier D. S. Demangeon et al.
A warm terrestrial planet with half the mass of Venus transiting a nearby star
Astronomy & Astrophysics (2021)

DOI: 10.1051/0004-6361/202140728



Mit Hilfe des VLT der ESO gelang es dem Team herauszufinden, dass drei der Planeten möglicherweise Wasser in ihrem Inneren oder in ihrer Atmosphäre enthalten. Die beiden Planeten im System L 98-59, die dem Stern am nächsten sind, sind wahrscheinlich trocken, könnten aber kleine Mengen Wasser enthalten, während der dritte Planet bis zu 30 % aus Wasser bestehen könnte und damit eine Wasserwelt wäre.


Diese Illustration zeigt einen Vergleich zwischen dem Exoplanetensystem L 98-59 (oben) und einem Teil des inneren Sonnensystems (Merkur, Venus und Erde) und verdeutlicht die Ähnlichkeiten zwischen beiden.

Darüber hinaus entdeckte das Team „versteckte“ Exoplaneten, die zuvor in diesem Planetensystem noch nicht gesichtet worden waren. Sie fanden einen vierten Planeten und vermuten, dass es einen fünften gibt, der sich in einer Zone befindet, die den richtigen Abstand zum Stern hat, damit auf seiner Oberfläche flüssiges Wasser existieren kann. „Wir haben Hinweise auf die Anwesenheit eines erdähnlichen Planeten in der habitablen Zone dieses Systems“, erklärt Olivier Demangeon, Forscher am Instituto de Astrofísica e Ciências do Espaço der Universität Porto in Portugal und Hauptautor der neuen Studie.

Die Studie stellt einen technischen Durchbruch dar, da die Astronomen mithilfe der Radialgeschwindigkeitsmethode feststellen konnten, dass der innerste Planet des Systems nur die Hälfte der Masse der Venus hat. Damit ist er der leichteste Exoplanet, der jemals mit dieser Technik gemessen wurde, die das Wackeln des Sterns ermittelt, das durch die winzige Gravitationskraft der ihn umkreisenden Planeten verursacht wird.

Zur Untersuchung von L 98-59 verwendete das Team den Echelle SPectrograph for Rocky Exoplanets and Stable Spectroscopic Observations (ESPRESSO) am VLT der ESO. „Ohne die Präzision und Stabilität von ESPRESSO wäre diese Messung nicht möglich gewesen“, sagt Zapatero Osorio. „Dies ist ein Schritt nach vorn bei der Bestimmung der Massen von kleinen Planeten außerhalb des Sonnensystems.“

Die Astronomen entdeckten drei der Planeten von L 98-59 erstmals im Jahr 2019 mit Hilfe des Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) der NASA. Dieser Satellit stützt sich auf eine Technik, die Transitmethode genannt wird. Dabei wird die durch einen vorbeiziehenden Planeten verursachte Lichtschwächung des Sterns genutzt, um die Planeten zu finden und ihre Eigenschaften wie ihre Größe zu bestimmen. Doch erst durch die Hinzunahme von Radialgeschwindigkeitsmessungen, die mit ESPRESSO und seinem Vorgänger, dem High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS) am 3,6-Meter-Teleskop der ESO auf La Silla, durchgeführt wurden, fanden Demangeon und sein Team weitere Planeten und konnten die Massen und Radien der ersten drei messen. „Wenn wir wissen wollen, woraus ein Planet besteht, brauchen wir mindestens seine Masse und seinen Radius“, erklärt Demangeon.

Das Team hofft, das System mit dem kommenden Weltraumteleskop'>James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) der NASA/ESA/CSA weiter untersuchen zu können, während das Extremely Large Telescope (ELT) der ESO, das derzeit in der chilenischen Atacama-Wüste gebaut wird und 2027 mit den Beobachtungen beginnen soll, ebenfalls ideal für die Untersuchung dieser Planeten sein wird. „Das HIRES-Instrument am ELT könnte möglicherweise die Atmosphären einiger Planeten des Systems L 98-59 untersuchen und damit das JWST vom Boden aus ergänzen“, sagt Zapatero Osorio.

„Dieses System ist ein Vorbote dessen, was noch kommen wird“, fügt Demangeon hinzu. „Die Menschheit ist seit der Geburt der Astronomie auf der Jagd nach terrestrischen Planeten. Jetzt kommen wir endlich der Entdeckung eines solchen Planeten, der sich in der bewohnbaren Zone seines Sterns befindet und dessen Atmosphäre wir untersuchen können, immer näher.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Planck-Instituts für Astronomie via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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