Sea Launch

Sea Launch

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Sea Launch SA

Sea Launch Logo.jpg
Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1995
Sitz Nyon, Schweiz
Leitung Sergey Gugkaev (CEO), Vladimir Solntsev (Präsident)
Branche Raumfahrt
Website www.sea-launch.com

Sea Launch ist ein Schweizer Raumfahrtunternehmen, das Raketenstarts von einer speziell adaptierten Bohrplattform in Äquatornähe vermarktet. Gestartet wird mit Zenit-3SL-Trägerraketen, einer Zenit-2 mit Block-DM-Oberstufe und einigen Modifikationen für den Start von See aus. Es werden dabei Nutzlasten mit einer Masse von bis zu sechs Tonnen in einen Geotransferorbit (GTO) befördert. Bis zum Jahr 2009 hat das Unternehmen auf diese Weise knapp 30 Nutzlasten erfolgreich in den Weltraum gebracht. Die Sea Launch SA mit Sitz in Nyon war von 2010 bis 2016 im Mehrheitsbesitz von Energia Overseas Ltd., einer Tochterfirma des russischen Raumfahrtkonzerns RKK Energija. Im September 2016 wurde die Übernahme durch die russische S7 Airlines angekündigt.[1]

Hintergrund, Vorgänger, ähnliche Projekte

Sea Launch war nicht die erste auf die Meeresoberfläche dislozierte Startplattform. In den 1960er Jahren wurde vor der Küste Kenias die von Italien betriebene San-Marco-Plattform zum Start von Scout- und Höhenforschungsraketen verankert. Von der Hubinsel „Barbara“ erfolgten zu Beginn der 1970er Jahre einige Raketenerprobungen im Auftrag der Bundeswehr.

Sea Launch Commander im Hafen von Long Beach
Sea Launch Odyssey im Hafen von Long Beach

Russlands Kosmodrome haben gegenüber den äquatornahen Weltraumbahnhöfen den Nachteil, dass eine dort gestartete Rakete bei gleicher Leistung weniger Nutzlast in einen GTO befördern kann. Das liegt daran, dass einerseits zusätzliche Änderungen der Bahn (Anpassungen der Bahnebene) erforderlich sind, und ausserdem fern dem Äquator die Rotationsgeschwindigkeit der Erde einen geringeren Teil der für einen Orbit nötigen Geschwindigkeit bereitstellt. Daher werden stärkere Raketenaggregate und mehr Treibstoff pro Kilogramm Nutzlast benötigt, oder aber die Nutzlast eines bestimmten Trägers verringert sich entsprechend. Diesen kostentreibenden Standortnachteil der sonst wettbewerbsfähigen russischen Trägerraketensysteme galt es auszugleichen.

Entstehung und Geschichte von Sea Launch

Nach den ersten Studien 1993 entstand 1995 das Projekt Sea Launch. Die nächsten vier Jahre wurden zum Aufbau der Infrastruktur genutzt. So wurde das Kommandoschiff „Sea Launch Commander“ gebaut und aus einer ausgedienten Ölbohrplattform entstand die Startplattform „Odyssey“. Der Heimathafen von „Sea Launch Commander“ und „Odyssey“ ist Long Beach in Kalifornien. Der Erstflug mit einem Dummy-Satelliten fand im März 1999 statt, der erste kommerzielle Flug folgte im Oktober desselben Jahres.

Gegründet wurde Sea Launch 1995 als internationales Konsortium von vier Unternehmen: Boeing (USA, Anteil 40 %), verantwortlich für Nutzlasten und Starts, RKK Energija (Russland, 25 %), Hersteller der Block-DM-Oberstufe, KB Juschnoje/Juschmasch (Ukraine, 15 %), Hersteller der Zenit, und Aker Kvaerner (Norwegen, 20 %), verantwortlich für die Startplattform „Odyssey“ und das Kommandoschiff „Sea Launch Commander“.

Fehlstart von NSS 8 im Januar 2007

Beim Startversuch des NSS-8-Kommunikationssatelliten explodierte am 30. Januar 2007 eine Zenit-3SL-Trägerrakete direkt auf der „Odyssey“-Startplattform. Grund der Explosion war ein Metallteil in einer Treibstoffpumpe.[2] Personen kamen dabei keine zu Schaden, da sich die Besatzung während des Starts jeweils auf die „Sea Launch Commander“ zurückzieht. Die Plattform erlitt dabei begrenzte Beschädigungen, war jedoch bereits am 1. Februar 2007 wieder mit der vollen Besatzung bemannt.[3] Das am 3. Februar von Sea Launch veröffentlichte Bild[4] zeigt die Plattform in einem weitgehend intakten Zustand, die Startposition im Pazifik aus eigener Kraft verlassend. Anfang April gab Sea Launch den Oktober 2007 als den Termin für den nächsten Raketenstart bekannt.[5]

Insolvenz und Neustart

Am 22. Juni 2009 musste Sea Launch Insolvenz unter Chapter 11 nach US-Insolvenzrecht anmelden. Grund dafür war Überschuldung – Aktiva von geschätzten 100 bis 500 Millionen US-Dollar standen Verbindlichkeiten von bis zu zwei Milliarden US-Dollar gegenüber.[6][7]

Per 27. Oktober 2010 konnte das Insolvenzverfahren beendet werden, nachdem RKK Energia über die zu diesem Zweck gegründete Tochter Energia Overseas Ltd. eine Mehrheit von 85 % an Sea Launch übernommen hatte. Die Starts von der „Odyssey“-Plattform wurden im Laufe des Jahres 2011 wieder aufgenommen.

Tochterfirma Land Launch

Die Tochterfirma „Land Launch“ bringt seit April 2008 eine dreistufige Zenit-3SLB von Baikonur aus Satelliten in den GTO. Dafür wurde die Zenit-3SL leicht modifiziert und von der Zenit-2-Startanlage gestartet. Wegen des ungünstigeren Standortes des Kosmodroms Baikonur kann die Rakete nur 3,6 t in den GTO befördern. Der Vorteil des Land Launches besteht jedoch darin, dass die Startkosten deutlich geringer als bei einem Start von See aus sind. Auch eine zweistufige Zenit-2SLB ist geplant. Sie könnte bis zu 12 Tonnen zur ISS befördern.

Ablauf eines Starts

Einige Wochen vor einem Start wird die Rakete in einen Hangar auf der Startplattform geladen, danach fahren sowohl das Schiff als auch die Startplattform zu einer Stelle im Pazifik, die bei ungefähr 154 Grad westlicher Länge in der Nähe von Kiritimati, etwa 2200 km südlich von Hawaii liegt. Die Plattform ist nicht verankert, sondern wird durch ihren Antrieb an einer konstanten Position gehalten. Das Halten der gewünschten Position wird mit GPS kontrolliert. Damit kommt aber mit den unberechenbaren Meeresströmungen ein zusätzlicher Unsicherheitsfaktor für einen Start dazu.

Kurz vor einem geplanten Start werden die Schwimmkörper der Plattform geflutet und damit die Plattform abgesenkt. Danach wird die Rakete aufgerichtet und die Startmannschaft wechselt auf die Sea Launch Commander. Der Start selbst erfolgt ferngesteuert.

Zusätzlich zu der sich auf der Startplattform befindenden Rakete kann die Sea Launch Commander weitere Raketen transportieren. Davon wird jedoch kein Gebrauch gemacht, da die Startrate relativ niedrig ist und so für beide Schiffe genug Zeit bleibt, um in den Heimathafen zurückzukehren.

Startliste

Datum, Uhrzeit UTC Nutzlast Masse Orbit Kommentar
28. März 1999, 01:29 Dummy-Nutzlast 4,5 t GTO Erfolg
10. Oktober 1999, 03:28 DIRECTV 1-R 3,5 t GTO Erfolg
12. März 2000, 14:49 ICO F-1 2,7 t GTO Fehlstart
28. Juli 2000, 22:42 PAS 9 3,7 t GTO Erfolg
21. Oktober 2000, 05:52 Thuraya-1 5,1 t GTO Erfolg
18. März 2001, 22:33 XM-2 Rock 4,7 t GTO Erfolg
8. Mai 2001, 22:10 XM-1 Roll 4,7 t GTO Erfolg
15. Juni 2002, 22:39 Galaxy IIIC 4,9 t GTO Erfolg
10. Juni 2003, 13:56 Thuraya-2 5,2 t GTO Erfolg
8. August 2003, 03:31 EchoStar IX/Telstar 13 4,7 t GTO Erfolg
1. Oktober 2003, 04:03 Galaxy XIII/Horizons-1 4,1 t GTO Erfolg
11. Januar 2004, 04:13 Telstar 14/Estrela do Sul 1 4,7 t GTO Erfolg
4. Mai 2004, 12:42 DIRECTV-7S 5,5 t GTO Erfolg
29. Juni 2004, 03:58 Telstar 18 4,8 t GTO Teilerfolg
1. März 2005, 03:51 XM-3 Rhythm 4,7 t GTO Erfolg
26. April 2005, 07:31 Spaceway-1 6 t GTO Erfolg
23. Juni 2005, 14:03 Intelsat Americas 8 5,5 t GTO Erfolg
8. November 2005, 14:07 Inmarsat 4-F2 5,96 t GTO Erfolg
15. Februar 2006, 23:35 EchoStar X 4,33 t GTO Erfolg
12. April 2006, 23:30 JCSAT-9 4,4 t GTO Erfolg
18. Juni 2006, 07:50 Galaxy 16 4,7 t GTO Erfolg
22. August 2006, 03:27 Koreasat 5 4,55 t GTO Erfolg
30. Oktober 2006, 23:49 XM-4 Blues 5,2 t GTO Erfolg
30. Januar 2007, 23:22 NSS-8 5,8 t GTO Fehlstart
15. Januar 2008, 11:49 Thuraya 3 5,2 t GTO Erfolg
19. März 2008, 22:48 DirecTV-11 5,9 t GTO Erfolg
21. Mai 2008, 09:43 Galaxy 18 4,6 t GTO Erfolg
16. Juli 2008, 05:20 EchoStar 11 5,5 t GTO Erfolg
24. September 2008, 19:28 Galaxy 19 4,6 t GTO Erfolg
20. April 2009, 08:16 SICRAL 1B 3,0 t GTO Erfolg
24. September 2011, 20:18 Atlantic Bird 7 4,6 t GTO Erfolg
1. Juni 2012, 05:23 Intelsat 19 5,6 t GTO Erfolg
19. August 2012, 06:55 Intelsat 21 6,0 t GTO Erfolg
3. Dezember 2012, 20:44 Eutelsat 70B 5,25 t GTO Erfolg
1. Februar 2013, 06:56 Intelsat 27 6,2 t GTO Fehlstart
26. Mai 2014, 21:10 Eutelsat 3B 5,97 t GTO Erfolg

Weblinks

Commons: Sea Launch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Sea Launch Offizielle Webseite (englisch)
  • Zenit. In: Encyclopedia Astronautica (englisch)

Einzelnachweise

  1. Jeff Foust: Russian aviation company to acquire Sea Launch. In: SpaceNews. 27. September 2016, abgerufen am 28. September 2016 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  2. Ursache des Fehlstarts der Zenit-3SL – Versagen eines Triebwerkes. RIA novosti, 13. März 2007 (deutsch)
  3. „Sea Launch Assesses Status and Plans for Next Steps“ (englisch) – ehemalige Webseite bei Sea Launch, vom 1. Februar 2007
  4. NSS-8 (englisch) – stark bebilderte Missionsseite bei Sea Launch, vom 3. Februar 2007
  5. „Progress on the Sea Launch Investigation and Recovery“ (englisch) – ehemalige Webseite bei Sea Launch, vom 3. April 2007
  6. Sea Launch files for Chapter 11. spacetoday.net, 24. Juni 2009 (englisch)
  7. Raketenvermarkter Sea Launch ist pleite. (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today) Financial Times Deutschland, 24. Juni 2009