Wilhelm Eduard Weber

Wilhelm Eduard Weber

Wilhelm Eduard Weber, Lithographie von Rudolf Hoffmann 1856. Webers Unterschrift:
Signatur Wilhelm Eduard Weber.PNG
Das Geburtshaus in Wittenberg

Wilhelm Eduard Weber (* 24. Oktober 1804 in Wittenberg; † 23. Juni 1891 in Göttingen) war ein deutscher Physiker. Die abgeleitete SI-EinheitWeber“ (Einheitenzeichen Wb) des magnetischen Flusses ist nach ihm benannt. Er war der einzige Naturwissenschaftler unter den sogenannten Göttinger Sieben.

Leben

Gedenktafel am Geburtshaus in Wittenberg
Das Geburtshaus in Wittenberg 2017
Gedenktafel für Wilhelm Eduard Weber in Wittenberg

Wilhelm Weber wurde als Sohn des Theologieprofessors Michael Weber in der Wittenberger Schlossstraße 10 im Haus mit der Goldenen Kugel geboren. Seine Brüder waren Ernst Heinrich Weber und Eduard Friedrich Weber. Durch die Ereignisse der Befreiungskriege und der Verlegung der Universität Wittenberg zog seine Familie über Bad Schmiedeberg nach Halle an der Saale. Hier besuchte Weber die Latina der Franckeschen Stiftungen und nahm an experimentellen Untersuchungen seines älteren Bruders Ernst Heinrich teil, die zur Herausgabe des Buches Wellenlehre, auf Experimente gegründet (Leipzig 1825) führten. Parallel dazu studierte er und habilitierte sich mit einer Arbeit über die Theorie der Orgelpfeifen.

Nach einer außerordentlichen Professur in Halle folgte er 1831 dem Ruf nach Göttingen (Königreich Hannover), wo er an der Georg-August-Universität Professor für Physik wurde. Er verlor sein Amt am 14. Dezember 1837 zusammen mit sechs weiteren Göttinger Professoren (siehe Göttinger Sieben), als sie gegen die Aufhebung der Verfassung protestierten. In der Folge lebte Weber als Privatgelehrter in Göttingen oder befand sich auf längeren Reisen.

1843 wurde er nach Leipzig berufen, bis er 1849 nach der bürgerlichen Revolution von 1848 in Deutschland auf seine alte Stellung zurückkehren konnte.

Webers Grab auf dem Göttinger Stadtfriedhof

In Göttingen war Weber sehr eng mit Carl Friedrich Gauß befreundet, mit dem er viele Jahre lang zusammenarbeitete. Sie konstruierten 1833 einen elektromagnetischen Telegraphen. Dazu verlegten sie zwei Kupferdrähte über die Dächer der Stadt Göttingen und vermittelten Ostern 1833 den telegraphischen Verkehr zwischen dem physikalischen Institut und dem magnetischen Observatorium der Sternwarte. Im ersten Telegramm (in einem Code ähnlich dem später erfundenen Morsecode) wurde laut der Überlieferung, die möglicherweise nur eine Legende ist, der Text übermittelt: „Michelmann kommt.“ (Michelmann war der Institutsdiener.)[1] 1836 gründete er zusammen mit Gauß und Alexander von Humboldt den Magnetischen Verein.

Fundamentale Bedeutung haben Webers Untersuchungen zu elektrodynamischen Messverfahren erlangt, die er in sieben Aufsätzen in den Abhandlungen der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften zwischen 1846 und 1878 vorlegte.

Messungen, die Weber gemeinsam mit Rudolf Kohlrausch 1855 zur Bestimmung des Verhältnisses der elektrodynamischen und elektrostatischen Ladungseinheiten vorgenommen hatte (Weber-Kohlrausch-Experiment), dienten James Clerk Maxwell 1861/62 als die entscheidende Stütze für seine elektromagnetische Theorie des Lichtes. Maxwell bezog sich explizit auf Kohlrausch und Weber. Dass die von Kohlrausch und Weber gefundene Konstante $ c $, die das Verhältnis der Ladungseinheiten ausdrückt, mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit $ c/{\sqrt {2}} $ von elektrodynamischen Phänomenen in Leitern in Verbindung stand, erkannte Weber wie etwa gleichzeitig 1857 Gustav Robert Kirchhoff. Beide erkannten auch, dass diese Konstante $ c/{\sqrt {2}} $ der Größe nach der Lichtgeschwindigkeit entsprach (später wurde die Konstante so umdefiniert, dass $ c $ die Lichtgeschwindigkeit bezeichnete).[2] Das Verhältnis aus der elektrostatischen und der elektrodynamischen Einheit entsprach also dem Betrag der Lichtgeschwindigkeit (im Vakuum) und verband damit in überraschender Weise Optik und Elektrizitätslehre. Maxwell betrachtete dann auch die Ausbreitung elektromagnetischer Wellen im Vakuum mit dieser Geschwindigkeit.

Weber stellte 1846 eine eigene Fernwirkungs-Theorie elektrodynamischer Phänomene auf, die auf einem geschwindigkeits- und beschleunigungsabhängigen Kraftgesetz zwischen bewegten Ladungen beruhte.

Ehrungen

In ihrem Gründungsjahr 1846 wurde er Mitglied der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften. 1860 wurde er zum Mitglied der Deutschen Akademie der Naturforscher Leopoldina gewählt.[3] Am 17. August 1864 wurde Weber mit dem preußischen Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste[4] und 1879 mit der Cothenius-Medaille der Leopoldina ausgezeichnet. 1850 wurde er zum auswärtigen Mitglied der Royal Society gewählt, deren Copley-Medaille er 1859 erhielt. Im Dezember 1853 wurde er korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg,[5] 1874 Ehrenmitglied (Honorary Fellow) der Royal Society of Edinburgh[6] und in seinem Todesjahr 1891 korrespondierendes Mitglied der Académie des sciences in Paris.[7]

Am 24. Oktober 1904, an Webers 100. Geburtstag, wurde ihm zu Ehren in Wittenberg eine im neugotischen Stil geschaffene Gedenktafel[8] mit dem im Rechtsprofil dargestellten Reliefmedaillon des Physikers feierlich enthüllt. Zudem gibt es in der Lutherstadt Wittenberg auch das Wilhelm-Weber-Haus.[9] Eine „Wilhelm-Weber-Straße“ ist in Chemnitz, Göttingen, Hamburg, Wittenberg, Oldenburg und Offenbach am Main zu finden. Auf der Mondrückseite ist ein Krater nach Wilhelm Eduard Weber benannt.[10] Die SI-Einheit des magnetischen Flusses wurde nach ihm „Weber“ genannt.

Der Verein „Freundeskreis Wilhelm Weber e. V.“ in Wittenberg widmet sich dem Andenken Webers. Er pflegt eine von Gerhard Schmitt zusammengetragene Telefonsammlung und strebt die Einrichtung eines Museums für Nachrichten- und Kommunikationstechnik im historischen Fernmeldeamt in der Lutherstadt Wittenberg, Wilhelm Weber-Str. 1 (heute Hauptpost Wittenberg) an.[11]

Die Universität Göttingen verlieh höchstens einmal jährlich an bedeutende Wissenschaftler die Gauß-Weber-Medaille.

Das Gauß-Weber-Denkmal in Göttingen (Wallanlage/Bürgerstraße) nach dem Entwurf von Ferdinand Hartzer wurde 1899 enthüllt und zeigt Gauß und Weber als Erfinder des elektrischen Telegraphen.[12]

Gauß-Weber-Denkmal, Göttingen 1899, Weber steht

Werke

  • Zusammen mit Eduard Friedrich Weber: Mechanik der menschlichen Gehwerkzeuge. Eine anatomisch-physiologische Untersuchung. Dieterich, Göttingen 1836 (in engl. Sprache u.d.T. Mechanics of the human walking apparatus.) Springer, Berlin 1992, ISBN 3-540-53541-1.
  • Principien einer elektrodynamischen Theorie der Materie. Bd. 1: Abhandlungen zur atomistischen Theorie der Elektrodynamik. Engelmann, Leipzig 1876.
  • Werke. Sieben Bände. Springer, Berlin 1892–1894.

Literatur

  • Robert Knott: Weber, Wilhelm. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 41, Duncker & Humblot, Leipzig 1896, S. 358–361.
  • Walther Killy: Literaturlexikon: Autoren und Werke deutscher Sprache. (15 Bände) Gütersloh, Bertelsmann-Lexikon-Verl., München 1988–1991 (CD-ROM, Berlin 1998, ISBN 3-932544-13-7).
  • Handwörterbuch des elektrischen Fernmeldewesens. 2. Auflage, 3. Band, S. 1900–1901.
  • André K.T. Assis: Weber’s Electrodynamics. Kluwer Acad. Publ., Dordrecht 1994, ISBN 0-7923-3137-0.

Weblinks

Commons: Wilhelm Eduard Weber – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Wilhelm Eduard Weber – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
 Wikisource: Wilhelm Eduard Weber – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Margarete Rehm: Information und Kommunikation in Geschichte und Gegenwart. 1800–1834. Humboldt Universität zu Berlin, 27. April 2000, abgerufen am 10. September 2019.
  2. Kenneth Mendelson: The story of c. In: American Journal of Physics. Band 74, November 2006, S. 995–997.
  3. Wilhelm Eduard Weber. Mitgliederverzeichnis der Leopoldina (mit Bild).
  4. Orden Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste. Die Mitglieder des Ordens. Erster Band 1842–1881. (PDF; 18,5 MB). Gebr. Mann-Verlag, Berlin 1975, S. 252 f.
  5. Ausländische Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Weber, Wilhelm Eduard. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 14. März 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  6. Fellows Directory. Biographical Index: Former RSE Fellows 1783–2002. (PDF; 487 kB) In: rse.org.uk. Royal Society of Edinburgh, abgerufen am 21. April 2020.
  7. Verzeichnis der ehemaligen Mitglieder seit 1666: Buchstabe W. Académie des sciences, abgerufen am 14. März 2020 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  8. Stadt Gottes – Illustrirte Zeitschrift für das katholische Volk. Missionsdruckerei in Steyl, 28. Jahrgang 1905, S. 279.
  9. Flyer über das Wilhelm-Weber-Haus. (Memento vom 3. November 2013 im Internet Archive). (PDF; 757 kB).
  10. Weber. In: usgs.gov. Abgerufen am 21. September 2017.
  11. Sammler- und Interessengemeinschaft historischer Nachrichtentechnik – Freundeskreis Wilhelm Weber eV. (Memento vom 22. Dezember 2018 im Internet Archive). Abgerufen am 27. Dezember 2018.
  12. Gauß-Weber-Denkmal, Stadt Göttingen