Weltraumbahnhof

Weltraumbahnhof

Kennedy Space Center, Florida, USA
Spaceport America von Virgin Galactic in New Mexico, USA

Als Weltraumbahnhof oder kurz Raumhafen (für den Raumflughafen oder Weltraumhafen) bzw. Spaceport bezeichnet man einen Raketenstartplatz, an dem Trägerraketen für orbitale sowie interplanetare Weltraummissionen starten können. Dabei kann es sich um unbemannte Satelliten oder bemannte Raumflüge handeln. In Russland und China ist auch der Begriff Kosmodrom (vom altgriechischen {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) zu Kosmos für „Ordnung“ oder „Menschheit“ und {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value) zu -drom für den „Lauf“ oder „Weg“) geläufig. Die meisten Weltraumbahnhöfe verfügen auch über Startanlagen für Höhenforschungsraketen und/oder für militärische Raketen.

Der erste Startplatz für Raketen, die den Weltraum erreichten, war die 1936 errichtete V2-Raketenbasis in Peenemünde auf der deutschen Insel Usedom.[1]

Begriffsherkunft

Der Begriff entstand in der deutschen Sprache in Analogie zu einem Bahnhof der Eisenbahn; also ein Bahnhof, an dem regelmäßig Starts stattfinden. Der englische Begriff Space-Port dagegen beschreibt einen Begriff, den Hafen, bei dem eher unregelmäßig Starts erfolgen.

Standortbedingungen

Die Kriterien für den Standort eines Weltraumbahnhofs sind vielfältig. Er sollte wenn möglich nahe am Äquator liegen: Durch die Erdrotation hat die Rakete dort bereits die auf der Erdoberfläche maximal vermittelte Grundgeschwindigkeit und muss weniger beschleunigen, um insgesamt auf die im Orbit notwendige Geschwindigkeit zu kommen. Zudem erleichtert die Lage das Erreichen der Umlaufbahn. Nur für Starts in polare Orbits sind polnahe Standorte günstiger (zum Beispiel Plessezk).

Ein Raketenbahnhof sollte sich in einem politisch stabilen Staat befinden, da sein Aufbau mit großen Investitionen verbunden ist. Er sollte abseits von dicht besiedeltem Gebiet liegen und in östlicher Richtung einen Ozean oder ein sehr dünn besiedeltes Gebiet haben. Denn fast alle Raketenstarts erfolgen mit der Erdrotation (aus oben genanntem Grunde) in östlicher Richtung. Wenn es zu einem Fehlstart kommt, könnten sonst Menschen durch niederstürzende Trümmer und Treibstoffe gefährdet werden. Zudem ist der Standort auf die politische Einflusssphäre des errichtenden Staats oder der Staatenorganisation beschränkt.

Der Weltraumbahnhof sollte an einem geologisch stabilen Ort gebaut werden, der von größeren und vielen Unwettern verschont wird, da Raketenstarts bei Regen oder Sturm meist abgesagt werden müssen. Schließlich sollte genügend Raum vorhanden sein, damit man ihn gegebenenfalls ausbauen kann.

Der ideale Standort für einen Weltraumbahnhof existiert jedoch nicht und bei der Wahl müssen Kompromisse eingegangen werden.

Beispiel: Russische Kosmodrome

Besonders die russischen Kosmodrome sind durch ihre sehr weit nördliche Lage benachteiligt, da für orbitale Manöver zur Zielumlaufbahn mehr Treibstoff aufgewendet werden muss.

Beispiel: Kourou

Der europäische Weltraumbahnhof Centre Spatial Guyanais in Kourou besitzt von ähnlichen Einrichtungen weltweit die günstigste Lage.[2] Er liegt im französischen Übersee-Département Französisch-Guayana im Norden Südamerikas (politisch stabil)[3] und liegt sehr dicht am Äquator (günstige Starteigenschaften, maximaler Geschwindigkeitsbonus durch Erdrotation).[2] Die Region ist sehr dünn besiedelt und grenzt im Nordosten an den Atlantik (geringe Gefährdung für Menschen).[4] Da der Weltraumbahnhof direkt an ein ausgedehntes Waldgebiet grenzt, ist auch sein Ausbau problemlos möglich. Zwar weist Kourou ein tropisches Klima auf, wird jedoch von den meisten Atlantikstürmen verschont.[2] Zudem lassen sich Material und Güter aufgrund der Küstenlage sehr einfach und schnell dorthin transportieren. Er liegt jedoch sehr weit von den Betreiberstaaten (Frankreich, ESA) entfernt.

Weltraumbahnhöfe in Europa

Auf dem kontinentalen Gebiet der EU gibt es keinen institutionellen oder privaten Weltraumbahnhof (Stand: 2014). Für die Raumfahrt durch z. B. die europäische Raumfahrtagentur ESA und ihre kooperierenden staatlichen Agenturen wie das DLR wird meist der CSG-Raumhafen von Kourou in Französisch-Guayana genutzt, das als Überseegebiet zu Frankreich gehört (siehe Abschnitt).

In Großbritannien wurde 2014 angekündigt, dass man einen kommerziell nutzbaren Weltraumbahnhof im Landesgebiet des Vereinigten Königreiches errichten wolle, im Juli wurden dafür acht mögliche Standorte bekannt gegeben.[5] Auch in Kiruna in Schweden ist die Einrichtung eines eigenen Raumhafens vorgesehen.[6] In Deutschland ist bislang kein eigener Weltraumbahnhof geplant (Stand: September 2014).

Anfang 2017 stellte die britische Regierung finanzielle Fördermittel für Spaceports in Aussicht.[7]

Liste der Weltraumbahnhöfe

Name Land, Region/Provinz Betreiber Koordinaten Erster Orbitalstart Bemerkung
Centro de Lançamento de Alcântara (CLA) Brasilien Brasilien, Maranhão Brasilien 2° 22′ S, 44° 24′ W Fehlstarts: 02. Nov. 1997 und 11. Dez. 1999
Kosmodrom Jiuquan China Volksrepublik Volksrepublik China, Gansu Volksrepublik China (VR China) 40° 57′ N, 100° 18′ O 24. Apr. 1970 Suborbital: 01. Sep. 1960, orbitaler Fehlstart: 16. Nov. 1969
Kosmodrom Xichang China Volksrepublik Volksrepublik China, Sichuan Volksrepublik China (VR China) 28° 12′ N, 102° 4′ O 08. Apr. 1984 Fehlstart: 29. Jan. 1984
Kosmodrom Taiyuan China Volksrepublik Volksrepublik China, Shanxi Volksrepublik China (VR China) 38° 51′ N, 111° 36′ O 06. Sep. 1988 Suborbital: 01. Mai 1985
Kosmodrom Wenchang China Volksrepublik Volksrepublik China, Hainan Volksrepublik China (VR China) 19° 38′ N, 110° 57′ O 25. Juni 2016
Centre Spatial Guyanais (CSG) Frankreich Frankreich, Französisch-Guayana Europäische Weltraumorganisation (ESA) 5° 13′ N, 52° 45′ W 06. Feb. 1975 Suborbital: 09. Apr. 1968, orbitaler Fehlstart 05. Nov. 1971
Satish Dhawan Space Centre (SHAR) Indien Indien, Andhra Pradesh Indian Space Research Organisation (ISRO) 13° 43′ N, 80° 14′ O 18. Juli 1980 Suborbital: 09. Okt. 1971
Imam Khomeini Satellite Launch Center Iran Iran, Provinz Semnan Iranische Weltraumagentur 35° 16′ N, 53° 57′ O 02. Feb. 2009
Palmachim Israel Israel, Zentralbezirk Israelische Verteidigungsstreitkräfte und Israelische Raumfahrtorganisation (ISA) 31° 53′ N, 34° 41′ O 19. Sep. 1988 Suborbital: 01. Mai 1987
Tanegashima Space Center Japan Japan, Präfektur Kagoshima Japanische Raumfahrtagentur (JAXA) 30° 23′ N, 130° 57′ O 09. Sep. 1975 Suborbital: 19. Sep. 1968
Uchinoura Japan Japan, Präfektur Kagoshima Institute of Space and Astronautical Science (ISAS) 31° 15′ N, 131° 5′ O 11. Feb. 1970 Suborbital: 01. Aug. 1962, orbitaler Fehlstart: 26. Sep. 1966
Baikonur Kasachstan Kasachstan, Qysylorda Russland 45° 55′ N, 63° 18′ O 04. Okt. 1957 Erster orbitaler Start weltweit
San-Marco-Plattform
San Marco Equatorial Range (SMER)
Kenia Kenia nahe Malindi, vor der Küste Kenias Italien 2° 56′ S, 40° 13′ O 26. Apr. 1967 Suborbital: 25. Mär. 1964, nicht mehr in Betrieb
Kwajalein Missile Range MarshallinselnMarshallinseln Marshallinseln, Kwajalein-Atoll SpaceX 9° 3′ N, 167° 45′ O 28. Sep. 2008 Suborbital: 15. Nov. 1961; orbitaler Fehlstart: 24. Mär. 2006
Mahia Neuseeland Neuseeland, Hawke’s Bay Rocket Lab 39° 16′ S, 177° 52′ O Orbitaler Fehlstart: 25. Mai 2017
Sohae Korea Nord Nordkorea, P’yŏngan-pukto Nordkorea 39° 40′ N, 124° 42′ O 12. Dez. 2012 Orbitaler Fehlstart: 12. Apr. 2012
Dombarowski Russland Russland, Oblast Orenburg ISC Kosmotras 51° 2′ N, 59° 52′ O 12. Juli 2006
Kapustin Jar Russland Russland, Oblast Astrachan Russland 48° 35′ N, 45° 45′ O 16. Mär. 1962
Plessezk Russland Russland, Oblast Archangelsk Russland 62° 56′ N, 40° 27′ O 17. Mär. 1966
Swobodny Russland Russland, Oblast Amur Russland 51° 44′ N, 128° 5′ O 04. Mär. 1997 Seit 2006 nicht mehr in Betrieb
Wostotschny Russland Russland, Oblast Amur Russland 51° 49′ N, 128° 15′ O 28. Apr. 2016
Naro Space Center Korea Sud Südkorea, Jeollanam-do Südkorea 34° 26′ N, 127° 32′ O 30. Jan. 2013 Teilweise erfolgreicher Start 25. Aug. 2009
Cape Canaveral Air Force Station (CCAFS) Vereinigte Staaten USA, Florida US Air Force 28° 29′ N, 80° 35′ W 31. Jan. 1958 Suborbital: 01. Dez. 1955, Orbitaler Fehlstart 06. Dez. 1957
Kauai Test Facility (KTF) Vereinigte Staaten USA, Hawaii Sandia National Laboratories 22° 3′ N, 159° 47′ W Orbitaler Fehlstart 04. Nov. 2015
Kennedy Space Center (KSC) Vereinigte Staaten USA, Florida NASA 28° 35′ N, 80° 39′ W 09. Nov. 1967
Kodiak Launch Complex (KLC) Vereinigte Staaten USA, Alaska Alaska Aerospace Development Corporation 57° 26′ N, 152° 20′ W 30. Sep. 2001 Suborbital: 06. Nov. 1999
Vandenberg Air Force Base (VAFB) Vereinigte Staaten USA, Kalifornien US Air Force 34° 44′ N, 120° 35′ W 28. Feb. 1959
Wallops Flight Facility (WFF) Vereinigte Staaten USA, Virginia NASA 37° 50′ N, 75° 29′ W 16. Feb. 1961
Hammaguir Algerien Algerien, Hammaguir Centre interarmées d’essais d’engins spéciaux 30° 52′ N, 3° 0′ W 26. Nov. 1965 Seit 1967 nicht mehr in Betrieb
Woomera Prohibited Area (WPA) Australien Australien, South Australia 31° 12′ S, 136° 50′ O 29. Nov. 1967 Nur noch Startplatz für Höhenforschungsraketen
Sea-Launch-Plattform Internationale Gewässer Sea Launch 0° 0′ N, 154° 0′ W 28. Mär. 1999 Mobile Startplattform

Startplätze nur für suborbitale Raketen (Höhenforschungsraketen oder militärische Raketen), siehe Raketenstartplatz.

Karte der Weltraumbahnhöfe

Alle in der obigen Tabelle verzeichneten Weltraumbahnhöfe, Stand 29. Dezember 2013.
Kennedy Space CenterCape Canaveral Air Force StationSea LaunchVandenberg Air Force BaseKodiak Launch CenterWallops Flight FacilityAlacantaraKorouSan-Marco-PlattformPalmachimKapustin JarBaikonurPlessezkSwobodnyJiuquanTaiyuanUchinoura Space CenterTanegashima Space CenterXichangSatish Dhawan Space Centre
Weltraumbahnhöfe weltweit (Stand 2006, anklickbar)

Literatur

  • Ralf Butscher: Großer Bahnhof am Äquator. In: Bild der Wissenschaft, Heft 1/2005, S. 88–93 (2005), ISSN 0006-2375
  • Erik Seedhouse: Spaceports Around the World, A Global Growth Industry. Springer, Cham 2017, ISBN 978-3-319-46845-7.
  • Stella Tkatchova: Spaceports in: Emerging Space Markets. Springer, Berlin 2017, ISBN 978-3-662-55667-2, S. 119ff.

Weblinks

Commons: Weltraumbahnhof – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Weltraumbahnhof – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Marianne J. Dyson: Space and astronomy: decade by decade. Infobase Publishing, 2007, ISBN 978-0-8160-5536-4, S. 95.
  2. 2,0 2,1 2,2 Ulf von Rauchhaupt: Weißt du, wo die Sternlein stehen? In: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung vom 29. Dezember 2013, S. 61.
  3. The World Bank: Country Data Report for French Guiana, 1996–2014. (PDF; 860 kB) 14. Juli 2016, abgerufen am 25. Juni 2017 (Lua-Fehler in Modul:Multilingual, Zeile 149: attempt to index field 'data' (a nil value)).
  4. Launching Satellites, EUMETSAT, abgerufen am 29. Dezember 2013.
  5. Space race: eight sites shortlisted for UK’s first commercial spaceport, The Guardian, 15. Juli 2014, abgerufen am 26. September 2014
  6. „Spaceport“: Briten wollen eigenen Weltraumbahnhof bauen, Auch Schweden plant den Bau eines Weltraumbahnhofes, Die Welt, 15. Juli 2014, abgerufen am 26. September 2014
  7. New support for British spaceports bbc.com, abgerufen am 10. Februar 2017