Rietveld-Methode

Rietveld-Methode

Die Rietveld-Methode ist ein 1966 vom niederländischen Physiker Hugo Rietveld (1932–2016)[1] ursprünglich zur Kristallstrukturanalyse polykristalliner Proben analog zum Debye-Scherrer-Verfahren mittels Neutronenstrahlung entwickeltes Rechenverfahren. Sie wird seit 1977 auch für Untersuchungen mit Röntgenstrahlung verwendet. Seit Mitte der 1970er Jahre wird die Rietveld-Methode auch zur quantitativen Phasenanalyse, also zur quantitativen Bestimmung der kristallinen Komponenten, über das gesamte Beugungsdiagramm einer pulverförmigen Probe eingesetzt.

Prinzip

Abb. 1: Beispiel für eine Rietveldverfeinerung. Obere Kurve: gemessenes Röntgenbeugungsdiagramm, untere Kurve: Differenz zu den berechneten Werten, dazwischen: berechnete Reflexlagen, die sich aus der Bragg-Gleichung ergeben

Das Röntgenbeugungs-Diagramm (auch XRD-Diagramm oder Diffraktogramm) einer polykristallinen Substanz wird als mathematische Funktion des Beugungswinkels angesehen, die auch von strukturellen Parametern abhängig ist. Diese sind durch die räumliche Anordnung der Atome, also der Kristallstruktur, gegeben. Ausgehend von einem Anfangsmodell der Atomanordnung für jede Phase in einer Verbindung, werden diese strukturellen und zusätzlich noch instrumentelle Parameter immer weiter verfeinert. Als Verfahren findet hierbei meist die mathematische Methode der kleinsten Quadrate Anwendung. Diese Verfeinerungsschritte wiederholt man so lange, bis im Idealfall zwischen dem berechneten und dem gefundenen XRD-Diagramm keine Unterschiede mehr bestehen. In der Praxis lässt sich dieser Fall aber kaum erreichen. Im Gegensatz zu anderen Profilanpassungsverfahren wird mit der Rietveld-Methode das gesamte Beugungsdiagramm (WPPF, Whole Powder Pattern Fit) nachgebildet.

Nach Young[2] bietet die Analyse des gesamten Beugungsdiagramm folgende Vorteile:

  • Die Kalibrierungskonstanten können aus Literaturdaten berechnet werden
  • Alle Beugungsreflexe werden in die Auswertung unter Berücksichtigung von Überlappungen eingeschlossen
  • Der Untergrund wird besser definiert, da eine kontinuierliche Funktion an das gesamte Beugungsdiagramm angefittet wird
  • Der Einfluss bevorzugter Orientierungen (Textur) und der Extinktion wird durch die Berücksichtigung aller Reflextypen verringert bzw. entsprechende Parameter werden verfeinert
  • Die Kristallstruktur und Beugungsprofil-Parameter können als Teil der gleichen Analyse verfeinert werden

Literatur

  • H. M. Rietveld: The Rietveld Method: A Retrospection. In: Z. Kristallogr. 225, 2010, S. 545–547, doi:10.1524/zkri.2010.1356 (PDF)
  • Rudolf Allmann: Röntgen-Pulver-Diffraktometrie. Verlag Sven von Loga, ISBN 3-87361-029-9.
  • C. Giacovazzo: Fundamentals of Crystallography. Oxford University Press, ISBN 0-19-855578-4.

Einzelnachweise

  1. International Union of Crystallography: Hugo Rietveld (1932-2016)
  2. R. A. Young: The Rietveld method. International Union of Crystallography, ISBN 0-19-855577-6.