Mauerquadrant

Mauerquadrant

Ein Mauerquadrant ist ein historisches astronomisches Instrument, mit dem genaue Höhenwinkel und Positionen von Gestirnen auf dem Meridian gemessen wurden. Er war bis etwa 1800 in Gebrauch und ist der Vorgänger des Meridiankreises.

Bauform

Die prinzipielle Bauweise ist dieselbe wie beim klassischen Quadranten. Er besteht aus

  • einem Viertelkreis (allerdings mit größerem Radius) mit genauer Kreisteilung,
  • der dazugehörigen Ablesevorrichtung,
  • einer Zielvorrichtung (bis ca. 1650 ein Visier, danach meist ein langes Zielfernrohr) sowie
  • einem Senklot, später einer Libelle, als künstlichem Horizont.

Im Gegensatz zu den kleineren Quadranten, die in der Hand gehalten oder auf einem Dreibein aufgestellt wurden, ist der Mauerquadrant fest auf einer in Nord-Süd verlaufenden, genau senkrechten Mauer montiert. Durch diese exakte Ausrichtung auf den Meridian können Gestirne (insbesondere Fixsterne) bei ihrer Kulmination sicher erfasst und auch ihre Durchgangszeit genau gemessen werden. Durch die stabile Aufstellung stark vergrößernder Messfernrohre wurde die Messgenauigkeit merklich erhöht.

Tychonischer Mauerquadrant

Tychos Mauerquadrant, um 1600
Der etwa 2,5 Meter hohe Mauerquadrant von John Bird, London 1773

Bis zur Erfindung des Fernrohrs war der Mauerquadrant von Tycho Brahe der genaueste seiner Art. Er stand auf Tychos dänischer Sternwarte Uranienborg und hatte einen Viertelkreis von zwei Meter Radius, der angeblich auf 10″ (0,1 mm) genau ablesbar war. Das Instrument von Kopernikus (um 1520) dürfte zwar nicht viel kleiner gewesen sein, aber auf einer Holzplatte montiert, und der Kreis war auf 0,5° geteilt, was Winkelschätzungen von etwa 0,05° erlaubte.

Das freiäugige Anzielen der Gestirne konnte Tycho als erfahrener Beobachter auf etwa 1′ (eine Bogenminute) durchführen, was der optischen Trennschärfe des Auges entspricht. Er erzielte damit 2- bis 5-fach genauere Messungen als zuvor, was für Johannes Keplers Planetentheorie eine entscheidende Voraussetzung war. Kepler selbst, sein Assistent und Nachfolger, machte kaum Messungen, da er einen Augenfehler hatte.

Hauptinstrument auf Sternwarten des 17./18. Jahrhunderts

Mit zunehmender Bedeutung der Himmelsmechanik und verbesserten Sternkatalogen stiegen die Anforderungen an die Genauigkeit. Als man daher Ende des 17. Jahrhunderts auf Messfernrohre mit stärkerer Vergrößerung überging, wurden große, genau nach Süden justierte Mauerquadranten zum Hauptinstrument vieler Sternwarten. Den Bezug zum mathematischen Horizont stellten Sekundenlibellen her, an manche Geräte wurden sogar Okularmikrometer angebracht (erfunden von Ole Römer um 1680), das im Gesichtsfeld des Fernrohrs Feinmessungen ermöglichte.

Mit diesen Entwicklungen wurden schon um 1700 Messgenauigkeiten von 1–2″ erzielt. Fix montierte Quadranten erlaubten nun neben der Zeitbestimmung (auf etwa ±0,1s) auch die Messung genauer Sternörter und der geografischen Breite. Auf der Sternwarte Specola von Bologna erreichte man um 1710 sogar 0,8″. James Bradley entdeckte mit einem solchen Instrument 1725 die jährliche Aberration der „Fixsterne“, womit erstmals das heliozentrische Weltbild nachweisbar wurde.

Spätere Meridianinstrumente

Der Mauerquadrant wurde im Laufe des 18. Jahrhunderts durch den Meridiankreis ersetzt, bei dem das Fernrohr den ganzen Meridian vom Südpunkt über den Zenit bis zum Nordpunkt bestreichen kann. Auch astronomische und geodätische Instrumente wurden entwickelt, die bei kleineren Dimensionen höhere Genauigkeiten erreichten, weil eine kompaktere Bauweise weniger empfindlich gegen Instrumentalfehler und Temperatureinflüsse ist. Neben den Transitinstrumenten und dem Passageinstrument wurden zunehmend auch flexiblere Universalinstrumente eingesetzt, mit denen um 1920 schon 0,1″ erreichbar waren. Heute wird die Astrometrie von Planeten- und Sternpositionen mit automatischen Meridiankreisen und mit sogenannten Astrometriesatelliten durchgeführt.

Siehe auch

Weblinks