Drei-Alpha-Prozess

Drei-Alpha-Prozess

Drei-Alpha-Prozess

Durch den Drei-Alpha-Prozess (3α-Prozess) werden im Inneren von Sternen drei Helium-Kerne (α-Teilchen) durch Kernfusionsreaktionen in Kohlenstoff umgewandelt und senden dabei Gammastrahlung aus. Dies wird auch als Heliumbrennen oder, nach seinem Entdecker Edwin Salpeter, als Salpeter-Prozess bezeichnet.

Voraussetzungen

Der Drei-Alpha-Prozess kann nur bei Temperaturen über 100 Millionen Kelvin ablaufen und setzt das ausreichende Vorkommen von Helium voraus. Daher tritt er normalerweise nur in den Zentren von Sternen in späten Phasen ihrer Entwicklung auf, in denen ein höherer Druck und höhere Temperaturen als momentan in der Sonne herrschen und bereits genügend Helium durch Proton-Proton-Reaktionen oder den Bethe-Weizsäcker-Zyklus (CNO-Zyklus) erzeugt wurde. Bei den notwendigen Temperaturen sind alle beteiligten Atomkerne vollständig ionisiert, d. h. ohne Elektronenhülle. In Sternen, bei denen es zum Auftreten des Drei-Alpha-Prozesses kommt, liegen die Elektronen als entartetes Fermigas vor.

Ein Kennzeichen des Drei-Alpha-Prozesses ist dabei die extreme Temperaturabhängigkeit. Bei Sternen mit besonders hoher Masse kommt es durch das vergleichsweise plötzliche Einsetzen des Drei-Alpha-Prozesses zum Helium-Blitz.

Die Sonne wird erst beim Eintritt in die letzte Phase ihres Lebenszyklus, in etwa 4 Milliarden Jahren, in der Lage sein, das so genannte Heliumbrennen („Verbrennen“ von Helium) zu starten, nachdem in ihrem Kernbereich der ganze Wasserstoff durch das Wasserstoffbrennen zu Helium fusioniert wurde. Der erhöhte Strahlungsdruck während des Heliumbrennens führt zu einem Aufblähen der äußeren Sonnenschichten, die sich nun wegen der größeren Oberfläche abkühlen, woraufhin sich das Strahlungsspektrum der Photosphäre der Sonne zu längeren Wellenlängen verschiebt. Ein Stern in diesem Zustand wird darum als roter Riese bezeichnet.

Ablauf

Im Einzelnen läuft beim 3α-Prozess Folgendes ab:

$ \mathrm {\ ^{4}He+\ ^{4}He\longrightarrow \ ^{8}Be+\gamma -\ 0{,}09178\ MeV} $ (endotherm; mit der Rückreaktion $ \mathrm {\ ^{8}Be\longrightarrow \ ^{4}He+\ ^{4}He+\ 0{,}09178\ MeV} $)
$ \mathrm {\ ^{8}Be+\ ^{4}He\longrightarrow \ ^{12}C+\gamma +\ 7{,}367\ MeV} $ (exotherm)

Der frei werdende Nettoenergiebetrag bei diesem Prozess ist 7,275 MeV. Der Kohlenstoffkern 12C kann als Ausgangsstoff beim unter Umständen später einsetzenden Kohlenstoffbrennen dienen.

Die Energiefreisetzungsrate ist beim 3α-Prozess proportional zur 30. Potenz der Temperatur. Mithin bewirkt eine Erhöhung der Temperatur um 5 % eine Steigerung um 332 % bei der Energiefreisetzung.

Der im ersten Schritt erzeugte Berylliumkern 8Be ist instabil (Zwischenkern) und zerfällt mit einer mittleren Lebensdauer von nur 2,6·10−16 s wieder in zwei Heliumkerne 4He; deshalb ist es für die Erzeugung eines Kohlenstoffkerns notwendig, dass drei α-Teilchen nahezu gleichzeitig zusammenstoßen. Dies ist extrem unwahrscheinlich, und deshalb entsteht nur sehr langsam eine merkliche Menge Kohlenstoff.

Durch den Urknall konnte praktisch kein Kohlenstoff produziert werden, weil die Temperatur dabei zu rasch unter diejenige Temperatur abfiel, die für die Fusion benötigt wird. Dieses Problem wird auch als Beryllium-Barriere bezeichnet.

Die Energie des zweiten Anregungs­zustands von 12C liegt nahe bei der Gesamt­energie von 8Be und 4He. Ohne ihn wäre die Fusion beider Kerne noch weit unwahrschein­licher (beinahe unmöglich)

Die geringe Wahrscheinlichkeit des 3α-Prozesses wird dadurch gemildert, dass

  • der Grundzustand von 8Be fast genau der Energie zweier α-Teilchen entspricht.
  • die Energie der beiden Kerne 8Be und 4He zusammen sehr nahe bei der Energie eines bestimmten Anregungszustands des 12C liegt.

Beide Teilschritte des Prozesses sind also Resonanzen mit entsprechend erhöhtem Wirkungsquerschnitt.

Da durch den 3α-Prozess bereits die Sterne der ersten nach dem Urknall entstandenen Generation in der Lage waren, 12C in großen Mengen zu erzeugen, wird dieses Isotop auch als „primäres“ Isotop des Kohlenstoffs bezeichnet.

Aus der Tatsache, dass es im Universum in nennenswertem Umfang 12C und andere Nuklide jenseits der Beryllium-Barriere gibt, also letztlich aus der Existenz von Kohlenstoff-basiertem Leben, hatte Fred Hoyle geschlussfolgert, dass es den angeregten 12C-Zustand geben müsse. Der experimentelle Nachweis gelang William Fowler. Hierfür bekam Fowler – nicht aber Hoyle – 1983 den Nobelpreis für Physik. In der Existenz des dieses angeregten Niveaus von 12C und der geringen Wahrscheinlichkeit weiterführender Fusionsprozesse nach der Synthese von Sauerstoff sah Fred Hoyle einen Hinweis auf die Existenz einer schöpfenden Kraft. Diese spezielle Problematik gliedert sich allerdings in den Gesamtkomplex der noch nicht verstandenen, tatsächlichen oder scheinbaren Feinabstimmung der Naturkonstanten im Rahmen des anthropisches Prinzips ein.[1]

Folgereaktionen

Eine Folgeerscheinung des 3α-Prozesses ist, dass einige der Kohlenstoffkerne 12C mit weiteren Heliumkernen 4He fusionieren können, wobei das stabile Isotop 16O des Sauerstoffs erzeugt und Energie freigesetzt wird:

$ \mathrm {\ ^{12}C+\ ^{4}He\longrightarrow \ ^{16}O+\gamma } $

Der nächste Umwandlungsschritt, bei dem Sauerstoff 16O mit α-Teilchen fusionieren würde, um Neon 20Ne zu erzeugen, stellt sich aufgrund von Kernspinregeln als unwahrscheinlich heraus. Demnach produziert die stellare Nukleosynthese große Mengen an Kohlenstoff und Sauerstoff, wird aber von einer Umwandlung dieser Elemente in Neon und schwerere Elemente weitgehend abgehalten.

Sowohl Sauerstoff als auch Kohlenstoff bilden damit die »Asche« des Heliumbrennens; der Kern des Sterns besteht am Ende dieser Fusionsphase im Wesentlichen aus diesen beiden Elementen.

Siehe auch

Literatur

  • Bogdan Povh u. a.: Teilchen und Kerne. 4. Auflage, Springer Verlag 1997, ISBN 3-540-61737-X, S. 318–320
  • Edwin Ernest Salpeter: Astrophys J 115 (1952), 326

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Fred Hoyle: The Universe: Past and Present Reflections. In: Annual Reviews of Astronomy and Astrophysics 20 (1982), S. 1–35.