Barium-Stern

Barium-Stern

Barium-Sterne sind Riesensterne der Spektralklasse G bis K, deren Spektren eine Überhäufigkeit an s-Prozess-Elementen zeigen, primär durch die Präsenz von einfach ionisiertem Barium, Ba II, bei einer Wellenlänge λ = 455,4 nm.

Spektrallinien

Absorptionslinien in einem Spektrum

Barium-Sterne zeigen ebenfalls stärkere Spektrallinien des Kohlenstoffs, Banden der Moleküle von CH, CN und C2. Die Sternklasse wurde zuerst von William Bidelman und Philip C. Keenan erkannt und definiert[1].

Entstehung

Doppelsterne

Datei:BinaryStarCataclysm.jpg
Alle Barium-Sterne resultieren aus wechselwirkenden Doppelsternsystemen (künstlerische Darstellung)

Die Messergebnisse zu Untersuchungen ihrer Radialgeschwindigkeiten zeigen, dass alle Barium-Sterne Doppelsterne sind[2][3][4]. Untersuchungen im Spektralbereich des Ultravioletten des International Ultraviolet Explorers fanden zudem Weisse Zwerge in vielen Barium-Sternsystemen.

Kataklysmus

Man nimmt daher an, dass diese Sternenklasse als Resultat eines Massentransfers in einem Doppelsternsystem entsteht. Dabei wurde auf den jetzigen Riesen-Barium-Stern Masse seines Partners übertragen, als sich der Barium-Stern noch in der Entwicklungsphase seines Hauptreihenstadiums befand. Sein Begleiter, der Spenderstern, war zu diesem Zeitpunkt ein Kohlenstoffstern am asymptotischen Riesenast (AGB: Asymptotic Giant Branch) und produzierte den Kohlenstoff und s-Prozess-Elemente in seinem Inneren. Diese nuklearen Fusionsprodukte gelangten dann über Konvektionsprozesse in die oberen Bereiche der Sternatmosphäre des Begleiters.

Ein Teil dieser Materie wurde dann auf den Hauptreihenstern übertragen, da der Riesenstern am Ende seiner AGB-Entwicklung, an dessen Ende er sich weiter zu einem Weissen Zwerg entwickelt, über seine Roche-Grenze wächst und so Masse auf seinen Partner überträgt. Wir beobachten diese Doppelsternsysteme zu einem Zeitpunkt, in dem der Spenderstern schon lange ein Weisser Zwerg ist und der Barium-Stern sich zu einem Roten Riesen entwickelt hat [5][6].

Die Episode des Massentransfers wird in astronomischen Zeitskalen als relativ kurz angesehen. Ebenso sagt diese Hypothese auch Barium-Sterne auf der Hauptreihe voraus. Ein Beispiel in der Literatur stellt HR 107 dar[7].

Entwicklung

Während seiner Entwicklungsphase kann der Barium-Stern deutlich größer und kühler werden als die typischen Sterne der Spektralklassen G oder K. Wenn dies passiert entwickelt sich solch ein Stern typischerweise zum Spektraltyp M, seine s-Prozess Elementüberhäufigkeiten zeigen jedoch seine geänderte Zusammensetzung und damit seine spektrale Besonderheit. Während sich die Photosphäre im Bereich des Typs der M-Klasse befindet, zeigt der Stern molekulare Besonderheiten des s-Prozess Elements Zr wie auch Zirkonoxid (ZrO) Molekülbänder. In dieser Zeit erscheint der Stern als extrinsischer (lateinisch gestört, fremdartig) S-Stern.

Historie

Historisch gaben die Barium-Sterne zunächst ein Rätsel auf, da Sterne der Spektralklassen G und K sich noch nicht lange genug entwickelt haben, um Kohlenstoff und andere s-Prozess-Elemente in ihren Photosphären angereichert zu haben. Die Entdeckung der Doppelsternnatur löste das Rätsel, indem die Quelle dieser Elemente und damit die Ursache der spektralen Besonderheiten der Bariumsterne auf den wesentlich weiter entwickelten Doppelsternpartner verschoben wurde.

Beispiele

Prototypen der Barium-Sterne stellen ζ Capricorni, HR 774 und HR 4474 dar.

Die CH-Sterne sind Population II-Sterne mit vergleichbarem Entwicklungsstand, spektralen Besonderheiten sowie orbitalen Merkmalen und werden für die älteren, metallärmeren Gegenstücke der Barium-Sterne gehalten[8].

Weiteres

Einzelnachweise

  1. Bidelman, W.P., & Keenan, P.C. Astrophysical Journal, vol. 114, p. 473, 1951
  2. McClure, R.D., Fletcher, J.M., & Nemec, J.M. Astrophysical Journal Letters, vol. 238, p. L35
  3. McClure, R.D. & Woodsworth, A.W. Astrophysical Journal, vol. 352, pp. 709–723, April 1990.
  4. Jorissen, A. & Mayor, M. Astronomy & Astrophysics, vol. 198, pp. 187–199, June 1988
  5. McClure, R. Journal of the Royals Astronomical Society of Canada, vol 79, pp. 277–293, Dec. 1985
  6. Boffin, H. M. J. & Jorissen, A., Astronomy & Astrophysics, vol. 205, pp. 155–163, October 1988
  7. Tomkin, J., Lambert, D.L., Edvardsson, B., Gustafsson, B., & Nissen, P.E., Astronomy & Astrophysics, vol 219, pp. L15-L18, July 1989
  8. McClure, R. Publications of the Astronomical Society of the Pacific, vol 96, p. 117, 1984