Laser- und Röntgenstrahlen mischen

Laser- und Röntgenstrahlen mischen

Physik-News vom 20.05.2022
 

Anders als fiktive Laserschwerter interagieren reale Laserstrahlen nicht miteinander, wenn sie sich kreuzen. Es sei denn, die Strahlen treffen sich in einem geeigneten Material, das eine nichtlineare Licht-Materie-Wechselwirkung ermöglicht. In einem solchen Fall kann die Wellenmischung zu Strahlen mit veränderten Farben und Richtungen führen.

Wellenmischungsprozesse zwischen verschiedenen Lichtstrahlen sind ein Eckpfeiler des Bereichs der nichtlinearen Optik, der seit der breiten Verfügbarkeit von Lasern fest etabliert ist. In einem geeigneten Material, z.B. bestimmten Kristallen, können sich zwei Laserstrahlen gegenseitig „spüren“. Dabei können Energie und Impuls ausgetauscht werden, so dass aus der Wechselwirkungszone zusätzliche Laserstrahlen in unterschiedlichen Richtungen und mit unterschiedlichen Frequenzen austreten, die im sichtbaren Spektralbereich als unterschiedliche Farben wahrgenommen werden. Diese Effekte werden häufig genutzt, um neue Laserlichtquellen zu entwerfen und zu realisieren.

Ebenso wichtig ist, dass die Analyse der austretenden Lichtstrahlen bei Wellenmischungsphänomenen Aufschluss über die Beschaffenheit des Materials gibt, in dem der Wellenmischungsprozess stattfindet. Eine solche auf Wellenmischung basierende Spektroskopie ermöglicht es Forschern, Feinheiten der elektronischen Struktur einer Probe und die Art und Weise, wie Licht das Material anregen und mit ihm wechselwirken kann, zu verstehen. Bislang wurden diese Ansätze jedoch kaum außerhalb des sichtbaren oder infraroten Spektralbereichs eingesetzt.


Strahlen zweier Taschenlampen werden nicht voneinander beeinflusst, wenn sie sich kreuzen. Anders verhält es sich bei sehr intensiven Laserpulsen, die sich in einem geeigneten „nichtlinearen Material“ treffen - hier können die Strahlen abgelenkt werden und neue Strahlen unterschiedlicher Farbe entstehen, ein Prozess, der als Wellenmischung bezeichnet wird. Die Beobachtung solcher Wellenmischphänomene erlaubt Rückschlüsse auf elektronische Übergänge innerhalb des nichtlinearen Materials, die sonst nicht sichtbar sind. Forschende von MBI und DESY haben nun beobachtet, wie ein Röntgenstrahl mit einem Laserstrahl wechselwirkt, und ebnen damit einen Weg, um in Zukunft ultraschnelle Prozesse atomselektiv zu untersuchen.

Publikation:


Horst Rottke, Robin Y. Engel, Daniel Schick, Jan O. Schunck, Piter S. Miedema, Martin C. Borchert, Marion Kuhlmann, Nagitha Ekanayake, Siarhei Dziarzhytski, Günter Brenner, Ulrich Eichmann, Clemens von Korff Schmising, Martin Beye, Stefan Eisebitt
Probing electron and hole colocalization by resonant four-wave mixing spectroscopy in the extreme ultraviolet
Science Advances (2022)

DOI: 10.1126/sciadv.abn5127

Ein Team von Forschenden des Max-Born-Instituts (MBI), Berlin, und des DESY, Hamburg, hat nun einen neuartigen Wellenmischungsprozess mit weicher Röntgenstrahlung beobachtet. Bei der Überlagerung ultrakurzer Pulse weicher Röntgen- und Infrarotstrahlung in einem Einkristall aus Lithiumfluorid (LiF) konnte das Team beobachten, wie die Energie von zwei Infrarotphotonen auf ein Röntgenphoton übertragen wird und sich damit die „Farbe“ der Röntgenstrahlung in einem sogenannten nichtlinearen Prozess dritter Ordnung ändert.

Nicht nur wurde dieser spezielle Prozess zum ersten Mal mit Röntgenstrahlen beobachtet, sondern es wurde auch die Effizienz des Mischens bei der Änderung der Farbe der einfallenden Röntgenstrahlen vermessen. Es zeigte sich, dass die Mischsignale nur dann nachweisbar sind, wenn ein Elektron der innersten Schale eines Lithiumatoms in einen Zustand angeregt wird, in dem es fest an die zurückgelassene Leerstelle gebunden ist - ein Zustand, der als Exziton bekannt ist. Darüber hinaus zeigt der Vergleich mit der Theorie, dass ein ansonsten „optisch verbotener“ Übergang eines Innerschalenelektrons zu dem Wellenmischungsprozess beiträgt.

Durch die Analyse dieses resonanten Vier-Wellen-Mischungsprozesses erhalten die Forscher ein detailliertes Bild davon, wohin sich das optisch angeregte Elektron während seiner sehr kurzen Lebensdauer bewegt. „Nur wenn sich das angeregte Elektron in unmittelbarer Nähe des Lochs befindet, das es zurückgelassen hat, beobachten wir das Signal der Vierwellenmischung“, sagt Robin Engel, ein an der Arbeit beteiligter Doktorand, „und da wir eine bestimmte Farbe der Röntgenstrahlung verwendet haben, wissen wir, dass sich dieses Loch sehr nahe am Atomkern des Lithiumatoms befindet“. Da man mit Röntgenstrahlen, Elektronen der inneren Schalen selektiv an den verschiedenen atomaren Spezies in einem Material anregen kann, ermöglicht dieser Ansatz es Forschern, Elektronen zu verfolgen, die sich in Molekülen oder Festkörpern bewegen, nachdem sie durch einen ultraschnellen Laserpuls angeregt wurden.

Genau solche Prozesse - Elektronen, die sich nach der Anregung durch Licht zu verschiedenen Atomen bewegen - sind entscheidende Schritte bei photochemischen Reaktionen oder Anwendungen, wie z. B. Photovoltaik oder direkte solare Kraftstofferzeugung. “Da sich unser Ansatz der Wellenmischspektroskopie an Röntgenlasern auf viel höhere Photonenenergien skalieren lässt, können viele verschiedene Atomsorten im Periodensystem selektiv angeregt werden. Wir erwarten daher, dass es zukünftig möglich sein wird, die kurzzeitige Anwesenheit von Elektronen an den verschiedenen Atomen eines komplexeren Materials zu verfolgen, was neue Einblicke in diese wichtigen Prozesse ermöglicht", erklärt Daniel Schick, Forscher am MBI.


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Max-Born-Instituts für Nichtlineare Optik und Kurzzeitspektroskopie im Forschungsverbund Berlin e.V. via Informationsdienst Wissenschaft erstellt


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